Baupläne für Chinas Zukunft

Worüber linke und rechte Vordenker der Volksrepublik zurzeit gerade nachdenken.

Mark Leonard, der Direktor des in London ansässigen Europäischen Rates für Auswärtige Beziehungen (ECFR), ist einer jener unermüdlichen Forscher, die die Europäer von ihrer ständigen Beschäftigung mit sich selbst ablenken wollen, damit sie ihren Blick hin zu den großen Entwicklungen in der Welt richten. Ganz besonders interessierte ihn schon immer, was in der Volksrepublik China geschieht, was die dortige Elite denkt – und wie sich das auf uns in Europa noch auswirken könnte.

In diesem Bändchen lässt er chinesische Vordenker der „Neuen Linken“ und der „Neuen Rechten“ zu Wort kommen, die hier ihre Modelle und Konzepte für Wirtschaft, Innen- und Gesellschaftspolitik sowie Außenpolitik vorstellen. War Mao Zedongs kommunistische Revolution China 1.0 und Deng Xiaopings Marktrevolution China 2.0, vollzieht sich unter Xi Jinping gerade eine Kehrtwende hin zu China 3.0.

Angesichts sinkender Wachstumsraten muss die Wirtschaft neu justiert werden. Im Inneren wird der politische Raum immer weiter eingeschränkt und gleichzeitig versucht, die Legitimität der Partei durch populistische Kampagnen gegen Korruption, für mehr Disziplin und die Repolitisierung der KPCh zu stärken.

Besonders interessant sind die drei in dem Bändchen enthaltenen Aufsätze zur Außenpolitik Chinas, die das Ringen zwischen nationalistischen und internationalistischen Denkern gut aufzeigen. Vor allem der Beitrag Wang Jisis, eines außenpolitischen Beraters des früheren Staats- und Parteichefs Ju Jintao, überzeugt durch seine scharfsinnigen Beobachtungen zu den globalen Entwicklungen und seine nüchtern-realistische Einschätzung des Images von China in der Außenwelt. Sein Rat an die jetzigen Machthaber lautet: „Chinas Erfolg bei der Bewältigung globaler Herausforderungen wird auch davon abhängen, ob es das Tempo der innenpolitischen Reformen beschleunigen und interne politische und wirtschaftliche Fragestellungen richtig angehen wird.“ (b.b.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2016)

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