Neos: Rosa Strategiepapier für Medienpolitik

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Die Partei will den ORF zum Public-Value-Lieferanten für alle machen. Eine Idee mit wenig Chancen.

Das Foto, das vorn auf dem Entwurf für ein Strategiepapier über „Demokratie x Journalismus“ der Neos abgebildet ist, versteht nicht einmal Ko-Autor Niko Alm so recht. „Das sind eben junge Leute“, meint er im Gespräch mit der „Presse“. Ein Bursche mit Schirmkappe und zwei Mädels als Vertreter der Generation, die mit digitalen Medien groß geworden ist und sich nur mehr wenig für klassische Massenmedien interessiert, wie Alm von seinen Vorlesungen an der Uni weiß. „Das Meinungsklima“ werde vermehrt von digitalen, sozialen Medien mitbestimmt. Weshalb Alm der Medienpolitik u. a. eine Leser- bzw. Nachfrageförderung in der Höhe von einer Million Euro empfiehlt – und den Medien, dass sie so unterhaltsam sein mögen wie John Olivers satirische News-Show „Last Week Tonight“ (HBO), die „gern auf Facebook geteilt“ wird. Mit hintergründigem Humor kennt sich Alm aus: 2011 hat er sich für sein Führerscheinfoto mit einem Nudelsieb auf dem Kopf ablichten lassen.

In dem Strategiepapier, das heute, Donnerstag, präsentiert wird, fordert Alm als Mediensprecher der Neos die „Entpolitisierung und Entzerrung des Markts“. Auf dem Printsektor sind der Oppositionspartei mit dem rosa Logo die „weitgehend ohne demokratische Kontrolle“ vergebenen Werbeausgaben der öffentlichen Hand ein Dorn im Auge. Sie würden „zu einem großen Teil in Boulevardzeitungen investiert“, was „potenziell einen enormen staatlichen Einfluss auf die Medienunternehmen und damit die Meinungsbildung Österreichs bedeuten kann“, heißt es im Papier. Als Gegenmaßnahme schlagen die Neos vor, dass öffentliche Werbeausgaben durch eine bei der RTR angesiedelte Mediaagentur „neutral vergeben“ und mit zehn Millionen Euro pro Jahr gedeckelt werden. Werbeabgabe und „Gießkannenförderungen“ stehen ebenfalls in ihrer Kritik.

„Wiener Zeitung“: Privatisieren!

Ein besonderes Kapitel ist die im Eigentum der Republik stehende „Wiener Zeitung“: „Warum braucht der Staat überhaupt eine Zeitung?“, fragt sich Alm. Die Finanzierung durch Zwangsinserate der Unternehmer sei nicht mehr zu rechtfertigen und müsse gestrichen werden. „Man muss sich überlegen, wie man diese Zeitung ohne Zwangsinserate und ohne staatlichen Besitz erhalten kann.“ Ein bisschen schade wäre es ja doch um die älteste Tageszeitung der Welt.

Für den ORF erneuern die Neos ihre Forderung nach einer Entpolitisierung des Stiftungsrats. Er solle auf 15 Räte geschrumpft werden, davon ein Drittel Personalvertreter, zwei Drittel Vertreter der Bürger (als Eigentümervertreter). Das Anhörungsrecht der Landeshauptleute bei Bestellung der Landesdirektoren sei zu streichen. Die ORF-Gebühr müsse reduziert werden, ebenso die Werbezeiten. Bei den langfristigen Plänen lässt Alm der Fantasie freien Lauf: Er stelle sich vor, dass der ORF zum „Public-Value-Produktionshaus“ wird, ein „Lieferant von frei verwendbaren Inhalten“, die für kommerzielle Sender „unleistbar wären“ . . .

Alm will einige Punkte im Parlament einbringen, auch wenn er nicht mit Gehör rechnet. Aber hat nicht schon das Nudelsieb gezeigt, dass man nicht locker lassen darf? Nach drei Jahren kam der Führerschein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.