TV-Serie: „Versailles“ - Rüschenkragen und Folterknechte

Versailles
Versailles(c) Tibo & Anouchka/ Sky
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In zehn Teilen erzählt „Versailles“, wie der junge Ludwig XIV. ein prunkvolles Schloss und die Machtbasis für 72 Jahre Regentschaft schuf. Ein unterhaltsames Historienspektakel.

Etwa 30 Millionen Euro hat der Bezahlsender Sky ausgegeben, um die Geschichte Ludwig XIV. für das Fernsehen so auf Hochglanz zu polieren, dass selbst der eitle Bourbone seine Freude daran gehabt hätte. Schon in den ersten Minuten springt er – bildhübsch verkörpert von George Blagden („Les Misérables“) – mit einer Gespielin barfuß durch Versailles, bevor sich die beiden genüsslich dem Sex hingeben. Ein Traum, wie sich herausstellt – und die fiktive Geburtsstunde der Idee, das Jagdschloss im Pariser Hinterland zum prachtvollen und imposanten Machtzentrum auszubauen . . .

Der junge König, der schon mit vier Jahren inthronisiert wurde (weshalb seine Mutter einige Jahre lang die Regentschaft übernommen hat), muss den Adel unter seine Kontrolle bringen und sich vor Aufständischen schützen. In Versailles, das er nach seinen eigenen Wünschen gestalten kann, scheint ihm das eher möglich als in Paris – also beschließt er, sich außerhalb der Stadt niederzulassen, samt Hofstaat, der darüber die Nase rümpft. Das ist der Ausgangspunkt der zehnteiligen Serie „Versailles“, die in aufwändig arrangierten Bildern zum Teil am Originalschauplatz gedreht wurde. Sie erzählt nicht nur von amourösen Affären, üppigen modischen und fast größenwahnsinnigen baulichen Idealen des Monarchen. Es geht vor allem um das Streben dieses Mannes, der sich trotz seines hohen Stands erst einmal durchsetzen muss, um sich die Machtbasis zu schaffen, die es ihm ermöglicht, 72 Jahre zu regieren und aus voller Brust „L'État, c'est moi!“ („Der Staat bin ich“) zu deklarieren.

Das politische Historienspektakel ist trotz üppiger Rüschenkragen und eleganter Justaucorps mehr als bloß Kostümschinken. Weil es die einzelnen Charaktere vielschichtig deutet. Weil es sich im Grunde an die überlieferten Ereignisse hält. Und weil es von heute schwer vorstellbaren Sitten des 17. Jahrhunderts erzählt – von Folter, von tödlichen Aderlässen und der Angst des Doktors, seine an Medizin interessierte Tochter, die sich nicht mit dem Stand der Hebamme begnügen will, könnte als Hexe verfolgt werden.

Schöner als bei den alten Meistern

In manchen Einstellungen lässt einen „Versailles“ an die Bilder der alten Meister denken, die die hohen Herrschaften in idealisierten Darstellungen in pompösen Gemächern oder hoch zu Ross festhielten. Freilich kommt keine der Malereien dieser für das Fernsehen auffrisierten höfischen Gesellschaft nahe. Alexander Vlahos gibt als Bruder des Monarchen einen mädchenhaft hübschen Philipp I. d'Orléans, der seine Homosexualität offen zur Schau trägt. Sogar die von Zeitzeugen als wenig attraktiv und ungebildet beschriebene Ehefrau des Königs kommt im Fernsehen gut weg: Elisa Lasowski („Game of Thrones“) lässt in der Rolle kaum glauben, dass ihr Mann nur Augen für seine Mätressen gehabt haben soll. Dass Maria Theresia von Spanien ihr Kind vor den Augen einer tuschelnden Zuschauerschar gebären muss, gehört zu den Unerträglichkeiten, gegen die selbst der König nichts machen konnte. Was dabei am Ende der ersten Folge herauskommt, ist bis heute Gegenstand von Spekulationen – und ein gewagter Cliffhanger.

Die Geschichte Ludwigs XIV. birgt viel, was Serienschreiber sonst erst erfinden müssen: Macht und Sex, Brutalität, Verrat und Intrigen. Die Autoren David Wolstercroft („The Escape Artist“, „Spooks“) und Simon Mirren („Criminal Minds“, „Without a Trace“) haben daraus unterhaltsame zehn Teile gemacht. Staffel zwei ist in Arbeit.

„Versailles“: Immer dienstags auf Sky Atlantic HD; auf Sky On Demand, Sky Go und Sky Online abrufbar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2016)

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