"The Walking Dead": Die Untoten marschieren weiter

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„Die Presse“ sprach mit Greg Nicotero, einem der Macher von „The Walking Dead“, über die Gründe des Erfolgs und den geringen Stellenwert von Horror.

„Wenn Sie der Show eine Chance geben und sie wirklich ansehen würden, wären Sie verblüfft, wie hoch die Qualität ist“, sagt Greg Nicotero, Ko-Executive-Producer, Regisseur und Supervisor der Spezialeffekte der Horrorserie „The Walking Dead“ Richtung Emmy-Jury. Der Überlebenskampf der Menschen gegen eine schier endlose Schar von Untoten gehört nach wie vor – derzeit läuft die sechste Staffel – zu den global beliebtesten TV-Sendungen. Für eine Emmy-Nominierung in den Hauptkategorien reichte es aber nie. „Das macht mich traurig“, seufzt Nicotero.

„Es gibt viele Leute, die dem Genre keine Chance geben. Das geht zurück in die Siebziger- und Achtzigerjahre, als Horror belächelt und als ordinär bezeichnet wurde“, ergänzt er. Seine Leidenschaft für Blut und Beuschel weckten Spielbergs „Der weiße Hai“ und George A. Romeros Zombieklassiker „Dawn of the Dead“ (1978). Nicotero lernte bei einem der besten Maskenbildner, Tom Savini, und wurde von Romero für die Fortsetzung „Day of the Dead“ engagiert. Sein Studio, auf Make-up-Effekte spezialisiert, war an rund 400 Film- und Fernsehproduktionen beteiligt, darunter an allen Arbeiten von Quentin Tarantino.

Zombies und „Zombie-Beatles“

Derzeit ist der 52-jährige Nicotero mit drei Darstellern auf „Walking Dead“-Promo-Tournee durch Europa, diese führte ihn auch nach Madrid. Wie die Protagonisten in der Serie durch Horden von Zombies kämpfte er sich durch die kreischenden Fans – „Zombie-Beatles“ nannte das ein spanischer Journalist –, die sich vor einem Kino versammelt hatten, um ein Selfie mit dem Make-up-Maestro des Horrorgenres zu schießen. „14-jährige Mädchen mit falschen Narben kamen auf mich zu und fragten: Herr Nicotero, was denken Sie darüber? Sie sagten mir, dass sie das tun wollen, was ich beruflich mache. Das ist ergreifend“. Die Euphorie ist groß, nicht nur in den USA, wo „The Walking Dead“ die erfolgreichste Serie in der Historie des Kabel-TVs ist. In Spanien schalten montags bis zu 800.000 Zuseher ein, in Deutschland über 400.000. Die Serie, die auf einem Independent-Comic basiert, hat auch gigantische Franchise-Auswüchse: Lizenzen verbreiten sich rasant, selbst den Flachmann zur Serie kann man im Internet erwerben.

Ein Ende der Zombie-Mania ist nicht abzusehen. Woher die Popularität? „Ein Grund ist Eskapismus. Menschen finden in der Unterhaltung Trost. Unsere Show hat, so düster sie erscheinen mag, eine aufrichtende Botschaft. Es geht ums Überleben und Menschen, die gemeinsam gegen eine Bedrohung kämpfen“, meint Nicotero. „Das Besondere ist unser diverser Cast: Es gibt für jeden Zuseher jemanden, mit dem er sich identifizieren kann. Unsere Fanbase reicht von zwölf bis 80 Jahren. Das ist schon einmalig für eine Genre-Fernsehsendung, in der Menschen jede Woche die Köpfe abgehackt werden.“

Diversität ist dabei wichtig: „Wir wollen einen akkuraten Querschnitt der Gesellschaft abbilden. Und ich glaube, wir gehen damit verantwortungsvoll um.“ Auf soziale Interpretationen, die Zombies seien eine Metapher für reale Bedrohungen, verzichtet er: „Für mich liefert die Geschichte keinen sozialen Kommentar, es ist schlicht eine großartige Überlebensstory.“

Die sicher weitergeht. „The Walking Dead“ bekommt eine siebte Staffel. Sie wird nicht die letzte sein, frühestens mit dem Ende der sechsten wird die Ankunft des berüchtigten Bösewichts aus der Comicvorlage, Negan (Jeffrey Dean Morgan), erwartet. Details verriet Nicotero nicht. Er erwähnte aber einen anderen ikonographischen Schurken, Hannibal Lecter aus „Das Schweigen der Lämmer“, der 1992 den Oscar für den besten Film erhielt. „Ich kann mich erinnern, dass bei der Oscar-Verleihung nicht ein einziges Mal der Begriff Horror genannt wurde, dabei ist es einer der furchterregendsten Filme. Sie nannten ihn ,psychologischer Thriller‘. Das ist doch, Sie verzeihen die Ausdrucksweise, Bullshit.“

Die sechste Staffel von „The Walking Dead“ läuft jeweils am Montag um 21 Uhr auf Fox bei Sky. Das Staffelfinale wird am 4. April gezeigt.

Compliance-Hinweis:

Die KOsten für die Reise nach Madrid übernahm Fox International Channels Germany.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2016)

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