Aus für Servus TV: Mitarbeiter sind "geschockt"

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Medienbranche und Politik zeigen sich gleichermaßen bestürzt über das Ende des Privatsenders. Der ORF zeigt sich an Übernahmen interessiert.

Unter der Belegschaft von Servus TV hat am Dienstag große Betroffenheit geherrscht, als sie am Vormittag von Senderchef Ferdinand Wegscheider und Christopher Reindl, Geschäftsführer des Red Bull Media House, über die geplante Einstellung des Betriebs informiert wurde. "Die Leute waren geschockt", schilderten Mitarbeiter.

Auch wenn am Montag schon eine gedrückte Stimmung im "Greentower" in Wals-Siezenheim zu spüren gewesen sei, so seien doch die meisten Mitarbeiter von der traurigen Nachricht heute überrascht gewesen, hieß es. Die Rede war zuletzt von 264 Beschäftigten, die gekündigt und beim Arbeitsmarktservice gemeldet wurden.

Nach der Information über die Einstellung von Servus TV sollen sich am Dienstag zwei Dutzend Betroffene vor dem Gebäude des Senders teils mit Tränen in den Augen in die Arme gefallen sein. Viele Mitarbeiter wie Redakteure, Moderatoren und Nachrichtensprecher stünden nun vor dem Nichts, einige hätten für ihren Job bei Servus TV ihre Zelte im In- und Ausland - vor allem Deutschland - abgebrochen und seien mit ihren Familien nach Salzburg gezogen, wurde erzählt. Auch zugebuchte Produktionsfirmen und Leiharbeiter stünden nun mit leeren Händen da.

Betriebsratsgründung als Auslöser?

Erst vor rund zwei Wochen sei Red-Bull-Konzernchef Dietrich Mateschitz selbst in den Sender gekommen. Er habe mit den Mitarbeitern geredet und gemeint, alles laufe hervorragend. Heute machte auch hartnäckig das Gerücht die Runde, dass Mateschitz wegen eines Rund-Mails, das von einer externen Mail-Adresse gekommen sei, empört gewesen sei. Darin sei vorgeschlagen worden, online über die Gründung eines Betriebsrates abzustimmen - was neue, bessere Verträge zur Folge gehabt und den Konzern mehr Geld gekostet hätte.

Deshalb solle es dem Red Bull-Boss gereicht haben, berichteten Mitarbeiter. Doch es habe keine Zustimmung im Haus für die Gründung eines Betriebsrates gegeben. "Keiner hat auf das Abstimmungs-Mail positiv reagiert. Es war nie die Rede von einer Betriebsratsgründung", sagten Mitarbeiter zur Austria Presse Agentur. Einige Betroffene würden nun die Hoffnung hegen, anderweitig im Red Bull Media House unterzukommen.

Das Aus für Servus TV wird auch beim öffentlich-rechtlichen Konkurrenten ORF bedauert. "Das ist ein trauriger Tag für den österreichischen Medien- und Produktionsstandort", heißt es in einer Stellungnahme . Der ORF zeigt sich darin auch interessiert an Übernahmen. Es gebe bereits ein Gesprächsangebot an Servus TV, "um gemeinsam auszuloten, wie man die in den letzten Jahren geschaffene Substanz zumindest teilweise erhalten und fortführen kann", erklärte der ORF.

Opposition fordert Reform der Gebührenfinanzierung

Medienbranche und -politik haben gleichermaßen bestürzt das angekündigte Aus für Servus TV zur Kenntnis genommen: Die Mediensprecher von SPÖ und ÖVP äußerten Bedauern, die Opposition forderte Reformen:

Medienminister Josef Ostermayer (SPÖ) zeigte sich bestürzt: "Servus TV hat sich in den letzten Jahren am heimischen Fernsehmarkt etabliert und die Medienlandschaft in Österreich mit seinen vielfältigen Sendeformaten bereichert." Die Einstellung schwäche den dualen Markt und koste viele Mitarbeiter den Job, die "mit viel Engagement und Einsatz der Arbeit für ihren Sender nachgegangen sind". Zugleich verwies der Minister auf bestehende "Maßnahmen wie die Privatrundfunk-Förderung", mit der man die Sender zu stärken suche.

"Wirklich bedauerlich" findet SPÖ-Mediensprecher Josef Cap die angekündigte Einstellung. Die Fernsehmacher hätten sich "wirklich bemüht" und einen "gut gemachten Kanal" produziert, sagte er im APA-Gespräch. Nun würden "hoch qualifizierte Mitarbeiter" ihren Job verlieren und "natürlich die Breite des Angebots eingeschränkt".

ÖVP-Mediensprecher Peter McDonald bezeichnete das Aus für Servus TV als "sehr schade für die österreichische Medienlandschaft", hieß es in einem Statement. "Österreich verliert damit einen Sender, der durch qualitätsvoll aufbereitete Inhalte, aber auch Nischenprogramme eine große Bereicherung dargestellt hat."

Die FPÖforderte in ihrer Reaktion eine Reform der TV-Finanzierung, denn Servus TV "entspricht in seiner Programmgestaltung und seinen Inhalten in weiten Teilen deutlich mehr dem Anspruch an einen öffentlich-rechtlichen Sender als der von Zwangsgebühren genährte ORF", wie Mediensprecher Herbert Kickl in einer Aussendung schrieb.

Auch Neos-Mediensprecher Niko Alm findet, die Servus-Einstellung sei Anlass, über die Gebühren nachzudenken. Er sei "natürlich nicht erfreut, wenn ein privater Anbieter von öffentlich-rechtlichen Inhalten, ein Medium weniger im Markt angiert", meinte er. "Das zeigt einmal mehr, dass man darüber nachdenken muss, ob man nicht die Förderung öffentlich-rechtlicher journalistischer Inhaltsproduktion anders aufstellt als auf einen Öffentlich-Rechtlichen zu konzentrieren."

Das Team Stronach forderte in Person von Mediensprecher Christoph Hagen ebenfalls ein "Umdenken" bei der ORF-Finanzierung.

RTR-Medienchef Alfred Grinschgl sprach von einem Verlust, der Verband Österreicher Privatsender sah ein "Alarmsignal" für die Medienpolitik. Grinschgl, Geschäftsführer des Fachbereichs Medien der RTR-GmbH, verlieh seiner "Bestürzung" Ausdruck. "Servus TV war ein privates Fernsehprogramm, das mit inhaltlich und technisch hochwertigen Produktionen in erheblichem Maß zum public value auf unserem TV-Markt beigetragen hat", schrieb er in einer Aussendung. "Die Einstellung des Programms ist ein erheblicher Verlust für die österreichische Medienlandschaft. Wir denken dabei aber auch an die vielen Mitarbeiter, die sich mit Herzblut für das Programm eingesetzt haben."

Ernst Swoboda, Vorstandsvorsitzender des VÖP, reagierte "schockiert" und betonte, dass die derzeitigen Rahmenbedingungen "massiv die Entwicklung eines wirtschaftlich tragbaren, privaten Rundfunkmarkts" behinderten. Der Sender habe "hochqualitative, teilweise öffentlich-rechtliche Inhalte privat finanzieren" müssen, und sein Ende sei nun die "bittere Konsequenz" einer Medienpolitik, die den ORF zugleich "mit Gebühren Kommerz‐TV" betreiben lasse.

(APA)

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