Mitarbeiter wenden sich in einem Offenen Brief an Red-Bull-Chef Mateschitz, der bestätigt hatte, dass Initiativen zur Gründung eines Betriebsrats mit dem Aus des Senders zusammenhängen.
Über 200 Mitarbeiter des vor dem Aus stehenden Fernsehsenders Servus TV haben einen Offenen Brief unterschrieben, in dem sie sich gegen einen Betriebsrat aussprechen. "Die anonyme Umfrage über die mögliche Gründung eines Betriebsrates unterstützen wir - und das ist die überwältigende Mehrheit aller Mitarbeiter von ServusTV - ausdrücklich nicht", heißt es in dem der APA vorliegenden Schreiben.
"Wir wollen und brauchen keinen Betriebsrat", halten die Mitarbeiter fest. "Darüber hinaus verbitten wir uns ausdrücklich jedwede (auch gewerkschaftliche) Einmischung und Stellungnahme von außen." Ihnen sei kein Unternehmen bekannt, das einen derart sozialen und loyalen Umgang mit seinen Mitarbeitern pflegt, wie Servus TV bzw. Red Bull." Es gebe zudem mehrere Hinweise, dass die anonyme Initiative womöglich von außerhalb des Unternehmens angestoßen wurde.
"Es ist ein Schock" schreiben die Mitarbeiter zu der auch für sie überraschenden Entscheidung. "Sieben Jahre lang hatten wir die Gelegenheit an einer Vision von einem anderen Fernsehen mit zu bauen, das es so nirgendwo gibt und damit einzigartig ist. Ein Programm mit Anspruch, positiver Grundhaltung und politischer Unabhängigkeit. Weit weg von Trash und bad news."
Servus TV hatte am Dienstag völlig überraschend bekanntgegeben, den Betrieb einzustellen. 264 Mitarbeiter verlieren ihre Jobs. In ersten Berichten war von 246 Personen die Rede gewesen.
"Nicht gerade dienlich"
Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz hat am Dienstag bestätigt, dass Initiativen zur Gründung eines Betriebsrats bei Servus TV mit dem Aus des Senders zusammenhängen. "Dass diese Vorgehensweise bei der Entscheidung in der aktuellen Situation nicht gerade dienlich war, ist evident", erklärte er gegenüber der "Salzburger Nachrichten". Mitarbeiter hätten online über eine Betriebsratgründung abstimmen lassen wollen. Die Rund-Mail sei von einer externen Mail-Adresse gekommen und habe Mateschitz empört.
In seiner Stellungnahme sprach Mateschitz davon, dass der Betriebsrat "anonym, unterstützt von Gewerkschaft und Arbeiterkammer" zustande gekommen wäre. Doch "Unabhängigkeit, Eigenständigkeit und Unbeeinflussbarkeit insbesondere durch politische Parteien, egal welcher Richtung, war von Anfang an ein tragender Pfeiler von Servus TV", so Mateschitz. Diese hätte eine Betriebsratsgründung auf diesem Wege "nachhaltig beschädigt".
"Fassungslos und entsetzt"
Gewerkschaft und Arbeiterkammer haben am Dienstagabend "fassungslos und entsetzt" auf die Aussagen von Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz zum Ende von Servus TV reagiert. "Die jetzt an den Tag gelegte Haltung ist eines Herrn Mateschitz nicht würdig", erklärte Gerald Forcher, Geschäftsführer der GPA-djp Salzburg. "Wir leben in Österreich und nicht auf irgendeiner Bananenrepublik."
"Was soll an der Vorgehensweise über Betriebsratswahlen nachzudenken nicht dienlich sein?", fragt AK-Präsident Siegfried Pichler in der gemeinsamen Aussendung mit Forcher. Ihm platze der Kragen, wenn so über die betriebliche Mitbestimmung gedacht werde. Sich gewerkschaftlich zu organisieren sei ein Grundrecht.
Die beiden Arbeitnehmervertreter Forcher und Pichler stärken Mateschitz - und somit dem wichtigen Salzburger Arbeitgeber Red Bull - allerdings auch den Rücken. "Wir haben Herrn Mateschitz bislang als sehr verantwortungsvollen und ehrbaren Unternehmer geschätzt, der sich auch seiner sozialen Verantwortung stets bewusst war." Der laut "Forbes" reichste Österreicher sei für seine Weitsichtigkeit und besonnene Entscheidungen bekannt.
Ökonomische Probleme als "wahrer Grund"
Dass Servus TV seinen Betrieb einstellt, sei auf die erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zurückzuführen, sind AK und GPA überzeugt. "Das ist der wahre Grund für das Aus bei Servus TV, und nicht weil einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über einen Betriebsrat nachgedacht haben." Den Vorwurf, dass die Betriebsratsidee von außen gesteuert worden wäre, weisen sie zurück. Eine Wahl würde aber unterstützt.
Der Salzburger Getränkekonzern Red Bull mit über zehntausend Mitarbeitern weltweit und Firmensitz in Fuschl am See selbst hat ebenso wie das Red Bull Media House keinen Betriebsrat, wie Forcher gegenüber der APA bestätigte.
>> Link zu den "Salzburger Nachrichten"
(APA)