Berlin, die Stadt der Filme und TV-Serien

Homeland
Homeland(c) Twentieth Century Fox Home
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Die fünfte Staffel von „Homeland“ spielte hier, Steven Spielberg drehte „Bridge of Spies“ an Originalschauplätzen. Die deutsche Hauptstadt lockt US-Produktionen mit guten Bedingungen und einer „Alles ist möglich“-Mentalität.

Viel typischer geht es nicht, wenn Carrie Mathison mit dem Fahrrad auftaucht. Mit Kindersitz, natürlich. So wie Hunderte Berliner Eltern, die morgens zum Kindergarten fahren. Nur dass das Leben der von Claire Danes gespielten Agentin sonst etwas aufregender ist: mit Spionage, Schusswechseln und Konfrontationen im U-Bahn-Tunnel. Und das alles zwischen Charlottenburg und Prenzlauer Berg, vorbei am Gendarmenmarkt, dazwischen ragt im Hintergrund der Fernsehturm empor. So viel von Berlin bekam man im US-Fernsehen schon lange nicht mehr auf einen Schlag zu sehen. Hier wurde vergangenes Jahr die fünfte Staffel der Fox-Serie „Homeland“ gedreht.

Mit nur einer Hand hebt Eike Wolf eine Panzersperre in die Höhe. Das Gebilde, das aussieht wie aus Stahl, ist nur eine Nachbildung aus Styropor und war in Steven Spielbergs Spionagefilm „Bridge of Spies – Der Unterhändler“ zu sehen. Wolf hat als Sprecher des Filmstudios Babelsberg zuletzt viele Dreharbeiten miterlebt. Gore Verbinski drehte hier den Horrorthriller „A Cure for Wellness“, Luc Besson den Thriller „The Lake“. Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“ entstand hier, so wie auch Wes Andersons „Grand Budapest Hotel“. Viele ausländische Filmfirmen haben Berlin und Brandenburg mittlerweile als Location entdeckt.

Gründe dafür gibt es mehrere. Zum einen natürlich das Studio Babelsberg selbst – am Rand von Berlin gelegen, eigentlich zu Potsdam gehörig, hat man 20 Hallen zur Verfügung. Inklusive eines Wassertanks für Aufnahmen unter Wasser, einer historischen Zuggarnitur und eines detailgetreu nachgebauten Flugzeugs. Dazu Kostümschneider, Tischler und einen enormen Fundus an Requisiten – von alten Lustern oder Telefonen bis zu Ritterrüstungen. Vor rund zwei Wochen eröffnete man auf 15.000 Quadratmetern auch noch vier nachgebaute Berliner Straßenzüge – hier wird gerade die Serie „Babylon Berlin“ gedreht.

Neben dem Studio ist aber auch die Stadt selbst ein Asset – denn sie hat viele Gesichter. Von alten Straßenzügen über Monumentalbauten bis zu modernen Gebäuden wie dem Hauptbahnhof. Und sie verändert sich noch dazu laufend, nach wie vor wird viel gebaut. So eröffnet sich die Chance auf Drehorte, die noch nicht schon in Hunderten Filmen zu sehen waren. Dazu ist Berlin auch eine filmfreundliche Stadt – diesen Anspruch hat um die Jahrtausendwende der damals regierende Bürgermeister Klaus Wowereit gestellt. Das bedeutet, dass man bemüht ist, alles zu ermöglichen. Da wird auch schon einmal die U-Bahn-Linie55 wegen „Homeland“ für einen Tag komplett gesperrt – zugegeben, sie hat nur drei Stationen, aber trotzdem. Nicht jede Stadt mutet ihren Bewohnern so viel zu.

Das alles nehmen die Bewohner in Kauf– und freuen sich zum Teil sogar darüber. „Die Hälfte meiner Gäste sind Einheimische“, sagt Arne Krasting. Er organisiert Video-Bustouren durch die Stadt. Auf Fernsehern werden Ausschnitte aus Filmen gezeigt – und gleichzeitig fährt man am Originaldrehort vorbei. Vor allem bei älteren Filmen lässt sich so schön zeigen, wie sich die Stadt verändert. Der Potsdamer Platz etwa in Wim Wenders' „Der Himmel über Berlin“ von 1987 hat mit dem heutigen, neu gebauten Platz keine allzu große Ähnlichkeit mehr.

Und nicht zuletzt lockt man – vor allem amerikanische – Produktionsfirmen mit Förderungen. Das Medienboard Berlin-Brandenburg schüttet jährlich rund 25 Mio. Euro aus, unter der Bedingung, dass ein deutscher Partner dabei ist. Dabei geht es nicht immer um Blockbuster. „Spätestens ab 2004 sind wir immer die Prämisse gefahren, dass wir sowohl für künstlerische als auch kommerzielle Filme da sein wollen“, sagt Geschäftsführerin Kirsten Niehuus. Der Effekt: Das Fünf- bis Sechsfache der Fördergelder werde in der Region ausgegeben.

Andere Länder ziehen vorbei

Allerdings wünscht man sich in der Branche trotzdem mehr Unterstützung durch den Staat. Denn Länder wie Rumänien, Ungarn oder Estland haben zuletzt massive Steuererleichterungen für Filmproduktionen eingeführt. Und hier sieht man die Gefahr, dass manche US-Produktionsfirma dann doch lieber anderswo dreht. Denn so schön es in Berlin auch ist, so gut die Bedingungen auch sind und so viel Erfolge es zuletzt gab – am Ende fällt die Entscheidung für einen Drehort vor allem mit dem Blick auf das Budget.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2016)

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