Gruner+Jahr steigt bei der News-Gruppe aus

Horst Pirker übernimmt die Mehrheitsanteile an der Verlagsgruppe News.
Horst Pirker übernimmt die Mehrheitsanteile an der Verlagsgruppe News.APA/HERBERT NEUBAUER
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Vom Chef zum Eigentümer: Horst Pirker übernimmt die Mehrheitsanteile an der Verlagsgruppe News. Der Hamburger Verlag Gruner+Jahr zieht sich aus dem Österreich-Geschäft zurück.

Dass der Montag ein spannender Tag für die Verlagsgruppe News werden würde, ahnten die Mitarbeiter seit Wochen. Bei einer Beiratssitzung aller Eigentümer sollte über die Zukunft des Medienhauses und einzelner Sorgenkinder im Magazin-Portfolio entschieden werden. Im Foyer des gläsernen Bürogebäudes in der Taborstraße wiesen Schilder den Eigentümervertretern den Weg in den vierten Stock. Kurz nach der Sitzung berief Geschäftsführer Horst Pirker alle Führungskräfte zu einer Versammlung ein und verkündete die durchaus überraschenden Neuerungen: Er selbst übernimmt mit seiner I-MAG BeteiligungsgmbH die Anteile von Bertelsmann-Tochter Gruner+Jahr an der Verlagsgruppe News (zur VGN gehören u.?a. „News“, „Profil“, „Woman“). Gruner+Jahr war zu 56 Prozent an dem österreichischen Medienhaus beteiligt. Dem Vernehmen nach entschloss sich Pirker zu diesem Schritt auch, weil eine Schließung des Verlags im Raum stand.

Kurier-Verlag und Fellner bleiben

Alle anderen Beteiligungen bleiben vorerst unberührt, sagen Insider. Der im Mehrheitseigentum der Raiffeisen-Gruppe stehende Kurier-Verlag behält weiterhin seine 25,3 Prozent der Anteile, auch die „News“-Gründer-Brüder Wolfgang und Helmuth Fellner bleiben mit ihren 18,7 Prozent an Bord.
Der Umsatz der News-Gruppe, die derzeit elf Magazine herausgibt, betrug zuletzt um die 90 Millionen Euro. Das Eigenkapital war nach dem Verlust von 5,4 Millionen Euro im Jahr 2014 in den roten Bereich gerutscht. 2015 dürfte sich der Verlust in einer ähnlichen Größenordnung bewegen, dazu kommen vier bis fünf Millionen Euro an Rückstellungen und Wertberichtigungen.

Die Hamburger Manager von Gruner+Jahr waren schon länger unzufrieden mit ihrer Österreich-Tochter. Dass sich Gruner+Jahr gänzlich aus dem österreichischen Markt entfernen werde, galt als zumindest wahrscheinlich. Zuletzt wurden Berater des Unternehmens Czipin ins Haus am Tabor geschickt, um zu überprüfen, wo und wie man besser sparen und effizienter arbeiten könne. Angeblich sollen Berater dabei auch Redakteure einzelner Magazine beim Recherchieren und Schreiben begleitet und beobachtet haben. Anfang Juni hieß es noch, eine Kapitalzufuhr durch die Eigentümer in zweistelliger Millionenhöhe sei in Arbeit. Fraglich ist, ob dieser frische Geldzuschuss überhaupt erfolgt ist.

Über den Kaufpreis und Details des Deals wurde nichts bekannt. Erstaunlich ist, dass die Verkaufsverhandlungen zwischen Pirker und Gruner+Jahr so lang geheim blieben. Acht Monate wurde angeblich unter dem Projektnamen G-H-W verhandelt, wie die APA schreibt. Hinter der Abkürzung stehen die Standorte von Bertelsmann, Gruner+Jahr und der VGN: Gütersloh/Hamburg/Wien.

Am Montag ging dann alles sehr schnell: Der Vertrag zur Übernahme der Beteiligung wurde unterzeichnet. Danach wurden die anderen Gesellschafter der Verlagsgruppe und die Mitarbeiter der News-Gruppe, kurz darauf die Öffentlichkeit informiert. Gruner+Jahr-Chefin Julia Jäkel erklärte am frühen Montagabend, wie froh sie sei, dass „Pirker unsere Anteile erwirbt“. Den Rückzug aus Österreich begründete sie mit der Konzentration auf die Kernmärkte des deutschen Medienverlags. Was sie nicht so direkt sagen wollte, liegt auf der Hand: Der Verlag zieht sich aus unrentablen Märkten zurück. Nach Polen, Russland, Rumänien und den USA nun eben auch aus Österreich.

Pirker will „News“ nicht einstellen

Für die Mitarbeiter der Verlagsgruppe News war die Nachricht von Pirkers Einkauf eine gute. Insbesondere, wenn stimmt, dass die Auflösung des Verlagshauses im Raum stand – und wenn er hält, was er im ersten APA-Interview am Montag versprach: „Sicher ist, dass ich ,News‘ nicht einstellen möchte.“ Doch fest steht auch: Die Zukunft ohne einen Mehrheitseigentümer, der immer wieder Kapital zuschießen musste, wird alles andere als einfach. Pirker gab sich am Montag als frisch gebackener Eigentümer der Verlagsgruppe News jedenfalls optimistisch. Sein neues Projekt werde „schon nächstes Jahr wirtschaftlich gesund sein“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2016)

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