Freie Szene freut sich über Drozdas „New Deal“

Drozdas
Drozdas (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Minister Thomas Drozda will einzelnen Künstlern und freien Gruppen mehr Geld geben.

Den Vorwurf, er interessiere sich nur für große Institutionen – immerhin hat er als kaufmännischer Geschäftsführer der Burg und als Generaldirektor der Vereinigten Bühnen Wien 18 Jahre seiner Karriere bei Kulturtankern verbracht –, will der neue Kulturminister, Thomas Drozda, nicht mehr hören. Als er am Mittwoch seine Agenda in der Kulturpolitik vorstellte, skizzierte, er, was er in seinem Bereich unter einem „New Deal“ versteht: Er will einen „ganz klaren Fokus auf zeitgenössisches Kunst- und Kulturschaffen“ setzen – und dabei vor allem die Kleinen fördern.

So soll es künftig mehr Geld für Einzelkünstler und die freie Szene geben: 46 Millionen Euro kommen derzeit über verschiedene Förderungen bei ihnen an, bis 2018 sollen es fünf Millionen Euro mehr sein, die die Beiräte verteilen können. Einen „riesigen Nachholbedarf“ ortet Drozda bei Stipendien, die zum Teil seit 15 Jahren nicht erhöht worden seien. 600 solcher Stipendien werden jährlich an Künstler verschiedener Sparten vergeben, sie werden ab 1. Juli von 1110 auf 1300 Euro erhöht. Zudem stellt der Bund den Künstlern ab dem nächsten Jahr zehn neue Arbeitsateliers in der Wattgasse zur Verfügung. Die Künstler sollen mehr gehört werden, sagte Drozda – und kündigte gleich an, seine Büroräume im Palais Dietrichstein für Künstler und Intellektuelle zu öffnen.

Die freie Kunst- und Kulturszene begrüßt Drozdas Vorhaben: „Wir sind begeistert!“, sagt etwa Gabriele Gerbasits von der IG Kultur. „Die freie Szene war in den Agenden der vorigen Minister nie wirklich vorhanden. Die Großen sind immer gut bedient worden, die Kleinen nicht. Das ist wirklich eine neue Qualität, dass jemand antritt und dann gleich so ein Programm vorstellt.“ Natürlich würden fünf Millionen Euro nicht reichen, um die Probleme der freien Kulturszene, die vor allem mit prekären Arbeitsbedingungen zu kämpfen hat, langfristig in den Griff zu bekommen. „Aber wir haben den Eindruck, dass das erste Schritte sind, die in die richtige Richtung gehen. Wir haben mit einer Budgeterhöhung nicht mehr wirklich gerechnet. Jetzt müssen wir den Weg auch weitergehen“, sagt Gerbasits. Vom Minister wünscht sie sich, künftig in die Kulturpolitik eingebunden zu werden: „Die freie Szene sollte als Experte wahrgenommen werden.“

Investitionen für die Großen

Daneben präsentierte Drozda Maßnahmen, die die großen Institutionen betreffen: Das Technische Museum Wien bekommt ein neues Depot (4,1 Millionen Euro), zur Sanierung des Volkstheaters trägt das Kulturministerium zwölf Millionen, zu Neugestaltung des Weltmuseums 11,9 Millionen bei. Im Sinn von Professionalisierung und mehr Transparenz sollen alle Bundesmuseen und die Nationalbibliothek einen gemeinsamen Wirtschaftsprüfer bekommen sowie Öffnungszeiten und Ticketing miteinander abstimmen. Die Aufteilung der Bundestheater-Basisabgeltung auf die einzelnen Häuser wurde beschlossen und genehmigt: Das Burgtheater bekommt 48,7 Millionen Euro, die Staatsoper 63,2 Millionen, die Volksoper 39,8 Millionen. Eine automatische Valorisierung der Bundesförderungen würde Drozda begrüßen, da scheitere es aber am Finanzminister. Mit Dreijahresplänen will Drozda den Kulturinstitutionen bei den Budgetverhandlungen der kommenden Jahre wenigstens Planungssicherheit verschaffen.

Die Presseförderung will er im Herbst konkret diskutieren, ebenso das Inseratenthema. Beim Belvedere, wo die Bestellung einer neuen Doppelspitze wegen Compliance-Vorwürfen gegen die amtierende Geschäftsführung vorerst gestoppt wurde, soll eine externe Prüfung in den nächsten zwei Wochen Ergebnisse bringen. Dass immer wieder eine Mitverantwortung Drozdas an der Burgtheater-Misere in Diskussion gestellt wird, findet er ungerecht: „Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2016)

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