Grasl: „Information ist das Herzstück des ORF“

APA/Georg Hochmuth
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Finanzdirektor Richard Grasl über seine konkreten Pläne als ORF-Chef. Er will einen Informationsdirektor für das Fernsehen, Entscheidungen in der Geschäftsführung bindend gemeinsam treffen. Mit Kathrin Zechner will er Gespräche führen.

Sie treten gegen den amtierenden Generaldirektor Alexander Wrabetz an. Hat er den Job die vergangenen zehn Jahre, sogar sieben davon mit Ihnen im Team, so schlecht gemacht?
Richard Grasl: Nein, ich habe hohen Respekt vor den Leistungen von und der Person Alexander Wrabetz. Allerdings hatte ich in den vergangenen Monaten zunehmend den Eindruck, dass eine Veränderung notwendig ist, vor allem was die Führungsstruktur betrifft. Deswegen habe ich mich zu einer Bewerbung entschlossen. Viele Kollegen aus dem Haus haben mich dazu ermutigt.

Sie brauchen 18 der 35 Stiftungsratsstimmen. Treten Sie an, weil Sie sich sicher sind, die nötige Mehrheit zu haben?
Ich habe in den vergangenen Wochen mit vielen Stiftungsräten Gespräche geführt und für meine Ideen auch viel Zustimmung erhalten. Ich habe allerdings hohe Achtung vor der Eigenständigkeit dieser Räte und möchte daher in der Öffentlichkeit nicht darüber spekulieren, ob ich bereits einen entsprechenden Anteil an Stimmen habe. Allerdings rechne ich mir für den 9. August gute Chancen aus.

Was sagen Sie den Räten, warum sie Sie wählen sollen?
Ich möchte versuchen, Sie mit meinen Ideen und meinem Konzept zu überzeugen, außerdem kennen mich viele von ihnen jetzt schon einige Jahre und wissen, wie ich arbeite. Ich begrüße daher auch sehr, dass es eine Möglichkeit gibt diese Ideen öffentlich bei der Kandidatenpräsentation vorzustellen.

Sie wollen die per Gesetz definierte Alleingeschäftsführung aufheben. Wird das eine echte Doppelspitze?
Das Wort Doppelspitze klingt nach Proporz und ist damit überhaupt nicht gemeint. Es soll eine Geschäftsordnung geben, mit der sich der Generaldirektor freiwillig bindet, welche Entscheidungen die Geschäftsführung gemeinsam trifft. Ich glaube, dass es im Jahr 2016 in so gut wie allen Unternehmen üblich ist, dass Entscheidungen gemeinsam getroffen werden. Alles andere ist eigentlich schwer vorstellbar.

Auch Wrabetz hat angekündigt, künftig kollegialer entscheiden zu wollen. Wo liegt nun der Unterschied zu Ihren Plänen?
Wrabetz hat gesagt, er möchte darüber diskutieren, aber am Ende am Alleingeschäftsführungsprinzip festhalten. Das ist ein großer Unterschied, weil Diskussionen ja auch ganz anders geführt werden, wenn man am Ende weiß, dass er ohnehin entscheiden kann, was er für richtig hält. Außerdem kann der Generaldirektor dann auch nicht mehr außerhalb dieses Gremiums entscheiden. Das hatten wir zuletzt doch immer wieder. Es geht hier um ein echtes Board-System, wie es in Vorständen von Aktiengesellschaften üblich ist.

Wie sieht Ihr Wunsch-Direktorium aus?
Ich möchte jedenfalls die Information im ORF stärken, weil ich sie für das Herzstück eines öffentlich-rechtlichen Medienunternehmens halte. Wie man die einzelnen Direktionen bündelt, werden wir sehen.

Es wird also fix einen zentralen Informationsdirektor geben?
Einen TV-Informationsdirektor halte ich für sehr überlegenswert. Aber es muss klar sein, dass Radio und Online in eigenen Direktionen angesiedelt sind, damit der Pluralismus im ORF gesichert ist.

Sie haben angekündigt, ORFeins zu reformieren. Wie genau sieht das aus?
Wir müssen mit allen unseren Programmen unverwechselbar sein, da das Medienangebot am Markt immer größer wird. Und bei ORFeins gibt es Veränderungsbedarf. Dafür muss man in den Sender investieren und aus anderen Bereichen des Unternehmens finanzielle Mittel frei machen. Aber genau solche Entscheidung müssten künftig im Team getroffen werden.

Schwerpunkt bei den Hauptsendern

ORF III gilt als Augapfel von Wrabetz. Was passiert mit dem Spartensender, wenn Sie Chef sind?
ORF III ist eine große Erfolgsgeschichte und gut unterwegs, daher wird der Sender auch weiter wachsen. Allerdings darf man dabei nicht vergessen, dass die beiden Hauptsender ORFeins und ORF 2 zusätzlich gestärkt werden müssen.

Das heißt: Keine Einschränkung der Hauptsender zugunsten des Spartensenders?
Die Hauptsender tragen den Namen deswegen, weil sie die wichtigsten Produkte sind. Das heißt aber nicht, dass man den Spartenkanal vernachlässigen soll.

Wrabetz hat angekündigt, die Rechte der Redakteure zu stärken. Und Sie?
Auch ich halte das für sehr wichtig. Ein Abwahlrecht für Redaktionsleiter und Chefredakteure nach einem Jahr, wie es der Generaldirektor vorschlägt, ist aber nicht der Weisheit letzter Schluss. Ich habe selbst in einer Redaktion gearbeitet und kann mir nicht vorstellen, wie in einem solchen Jahr die Zusammenarbeit gut funktionieren soll. Ich werde andere Vorschläge vorlegen, die die Redakteursrechte wirklich stärken und anders als das jetzige Verzögerungsrecht bei Bestellungen hinausgehen. Ich möchte mit dem Redakteursrat eine neue Form andenken, bei der Redakteure ein echtes Mitbestimmungsrecht bekommen.

Der Einfluss der Politik im ORF ist zumindest bei der Bestellung des Generaldirektors nicht zu leugnen.
Es ist völlig klar, dass in den Redaktionen die Unabhängigkeit mit allen Mitteln geschützt und ausgebaut werden muss. Die Redakteure sagen aber, dass sie derzeit unbeeinflusst von der Politik agieren können. Auf Geschäftsführungsebene sehe ich ein Boardsystem, wie ich es andenke, als ersten wichtigen Schritt für diese Entpolitisierung. Wo fünf Menschen gemeinsam entscheiden, hat Parteipolitik keinen Platz.

Sie haben gesagt, sie hätten vorab nie mit ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald geredet. Dennoch sieht er sie als den „rundum geeigneten Kandidaten“. Sie gelten als der Kandidat der ÖVP.
Ich habe meine Entscheidung zur Bewerbung gänzlich ohne Einfluss oder Druck von außen getroffen, daher fühle ich mich ausschließlich als Kandidat des ORF.

"Stimmung des Generaldirektors nicht interpretieren"

Wrabetz wirkt ein wenig verstimmt, dass Sie kandidieren. Verstehen Sie das?
Ich möchte die Stimmungslage des Generaldirektors nicht interpretieren. Da müssen Sie ihn selber fragen. Ich habe aber im Stiftungsrat angekündigt, bis zur Wahl und bis zum Ende der Geschäftsführungsperiode im Dezember weiter professionell mit ihm zusammenzuarbeiten. Es muss möglich sein, sich für eine öffentlich ausgeschriebene Funktion zu bewerben, ohne dass das gleich als Hahnenkampf aufgefasst wird.

Wie viel Journalist und viel Manager steckt in Richard Grasl?
Die Managerseite war in den vergangenen Jahren sicher mehr ausgeprägt, aber ich war immer froh, einen guten Teil des Journalisten in mir behalten zu haben, was mir in der Finanzdirektion sicher auch geholfen hat. Ich halte es für einen Vorteil, dass an der Spitze des ORF jemand steht, der journalistische Erfahrung mit sich bringt.

Geht Ihnen die journalistische Arbeit ab?
Ich bin schon lange nicht dazu gekommen, darüber nachzudenken, ob sie mir abgeht, weil mich die Aufgabe des Kaufmännischen Direktors tagtäglich ausgefüllt hat.

Wrabetz hat gesagt, dass er TV-Direktorin Katrin Zechner auch künftig in seinem Team haben wollen. Und Sie?
Ich schätze Kathrin Zechner sehr und werde mit ihr sicher Gespräche über ihren Verbleib führen.

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