Krise im griechischen Fernsehmarkt

Polizisten sichern den Eingang von Mega TV in Athen.
Polizisten sichern den Eingang von Mega TV in Athen.Nikolas Georgiou/ picturedesk.com
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Die Regierung Tsipras strebt eine radikale Verringerung der landesweit sendenden TV-Kanäle an. Mega TV, der größte private Sender, steht vor dem Aus. Er kann weder Kreditraten noch Mitarbeiter bezahlen.

Schluss mit den Fanfaren für Griechenlands größten TV-Sender, Mega TV: Statt der Hauptabendsendung mit ihren längst zur Institution gewordenen Eingangsklängen ist in den vergangenen Wochen oft nur aufgewärmte Serienkost zu sehen. 26 Jahre lang hat Mega Nachrichten gemacht, anstatt sie wiederzugeben – informativ und plakativ, mächtig, arrogant. Nun legt das Personal des Senders die Arbeit nieder, weil es nicht mehr bezahlt wird. Die Banken haben die Gehaltskonten der Trägergesellschaft Tiletypos gesperrt, weil der TV-Kanal seine Kreditraten nicht mehr bedient. Das Ende des „großen Kanals“ scheint eine Frage von Tagen zu sein.

Damit hätte aber auch die Linksregierung Tsipras den Sieg in einem Medienkrieg errungen, der seit über einem Jahr zwischen den acht privaten TV-Kanälen, allen voran Mega TV, und der Regierung tobt. Die Ursache: Die Regierung Tsipras trat im Jänner 2015 mit dem Vorhaben an, Ordnung in den Wildwuchs der Medienlandschaft zu bringen. Im Mai 2016 startete sie eine Ausschreibung für vier landesweite Lizenzen. Erstmals werden Kanalbetreiber Lizenzgebühren zahlen müssen: Der Anfangspreis beträgt drei Millionen Euro. Die acht privaten Kanäle, die zurzeit landesweit senden, wollen die Ausschreibung vor Gericht stoppen. Ihr Argumente: Die Reduzierung der Zahl der landesweiten Sender kostet Tausende Arbeitsplätze. Lefteris Kretsos, Generalsekretär für Information und Kommunikation, erklärt dazu im Gespräch mit der „Presse“: „Wir wollen ernsthafte Unternehmer, die ihr Personal zahlen können und keine Schulden bei den Banken machen, die in der Folge der griechische Steuerberater bezahlen muss.“

Die ersten Lizenzen an private Betreiber wurden Ende der Achtzigerjahre ohne Ausschreibung vergeben – ein Provisorium, das bis heute hielt. Bald verdrängten die privaten Kanäle das staatliche Fernsehen in der Publikumsgunst: Nur acht Prozent sehen heute öffentliche Sender. So tanzten Politiker gern nach der Pfeife der neuen privaten Medienzaren. Der Status quo befriedigte beide Seiten: Die Politik bekam Sendezeit, die Verleger sparten Geld für Bewilligungen. Doch dann kam die Krise; mit ihr sanken die Werbeeinnahmen und stiegen die Schulden. Nun ließen die Kanalbesitzer ihre Macht spielen, um auch in Krisenzeiten an billige Kredite zu kommen. Griechenlands Medienunternehmen stehen heute insgesamt mit 900 Millionen Euro in der Kreide.

Gegenüber der Regierung Tsipras fuhren die meisten Sender anfänglich einen Schmeichelkurs. Das änderte sich rasch, als sich herausstellte, dass sie es mit der Ausschreibung der Sendefrequenzen ernst meinte. Vor allem die Mediengruppe Lamprakis, die u. a. die Zeitungen „To Vima“ und „Ta Nea“ besitzt und ein Hauptaktionär von Mega TV ist, erklärte darauf Premier Alexis Tsipras persönlich den Krieg. Nach einem abgewiesenen gerichtlichen Einspruch gegen das Ausschreibungsverfahren musste nun aber auch Mega TV an der Versteigerung teilnehmen – mit lückenhaften Unterlagen, denn die Gläubigerbanken händigten der Trägergesellschaft Tiletypos bislang nicht den notwendigen Persilschein aus.

Elf Unternehmen haben Unterlagen für die zweite Runde der Versteigerung im Juli eingereicht. Die Regierung sieht das als Erfolg. Aber es laufen immer noch Dutzende Gerichtsverfahren gegen die Ausschreibung; ausländische Investoren interessierten sich nicht für den schwierigen griechischen Markt – trotz der Hoffnung von Kretsos auf eine Öffnung. Die Herzen und Hirne des TV-Publikums bleiben eine ausschließlich griechische Angelegenheit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2016)

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