Vier Serien für die Ferien

Man erkennt sie kaum wieder: Winona Ryder (l.) spielt in „Stranger Things“ Mutter Joyce, die mit ihrem älteren Sohn (Mitte) den zwölfjährigen Will sucht.
Man erkennt sie kaum wieder: Winona Ryder (l.) spielt in „Stranger Things“ Mutter Joyce, die mit ihrem älteren Sohn (Mitte) den zwölfjährigen Will sucht.Netflix
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Zuerst war Fußball-EM, jetzt kommt Olympia, dazwischen herrscht im Fernsehen Dürrezeit. Das Programm linearer TV-Sender lässt im Sommer häufig zu wünschen übrig. Vier Empfehlungen gegen akute TV-Tristesse.

Vergangenen Mittwoch zum Beispiel. Da lief im ORF um 20.15 Uhr „Zurück in die Zukunft II“ auf dem Einser und der „Bergdoktor“ auf dem Zweier. Eine fast 30 Jahre alte, infantile Zukunftsdistopie und alpines Herz-Schmerz-Fernsehen. Wer an diesem Sommerabend überhaupt Zerstreuung vor einem Bildschirm gesucht und begonnen hatte zu zappen, kehrte vermutlich nicht mehr zurück zum ORF-„Weltjournal“ oder dem empfehlenswerten Film „Kuma“ über eine türkische Familie in Wien, der um 23.50 Uhr gezeigt wurde. Ein so flaches TV-Programm in der sportfreien Zeit nach der EM und vor Olympia lässt erahnen, wie schnell klassischen TV-Sendern die Zuseher verloren gehen werden. Die Abo-Abschlüsse für Serien- und Filmlieferanten von Amazon bis Sky gehen ohnehin nach oben, nach einem Sommer wie diesem mit Sicherheit noch schneller, und das, obwohl etwa Netflix gerade die Abo-Preise erhöht. Falls Sie demnächst wieder frustriert vor dem Fernseher sitzen, kommt hier Abhilfe.

"Stranger Things"

Man nehme zwei große Löffel Stephen King und je eine Prise „Twin Peaks“, „Poltergeist“ und „E.T.“. Fertig ist „Stranger Things“, dieses überraschende Science-Fiction-Juwel der Brüder Matt und Ross Duffer, das perfekt in den Sommer passt. Nicht nur, weil es hier um eine Gruppe von Kindern geht, die in den 1980ern in einer Kleinstadt in Indiana gegen etwas Unheimliches kämpfen. Eines Tages verschwindet der zwölfjährige Will, dafür taucht das wortkarge Mädchen Eleven auf. Wills Mutter wird von Winona Ryder hysterisch-verzweifelt gespielt. Die Horrordosis hält sich in Grenzen, und man ist ohnehin ständig damit beschäftigt, die vielen filmischen Zitate zu entdecken. Seit 15. Juli, Netflix.

"Broadchurch"

Die Sommersaison im lieblichen Badeort Broadchurch an der Küste von Dorset steht knapp bevor, als am Fuße der malerischen Klippen ein toter Bub gefunden wird. Wer der Mörder ist, fesselt in dieser BBC-Krimiserie beinahe weniger als die scharfsinnige Darstellung dessen, was eine Tragödie mit den Beziehungen der Menschen anstellt, die von ihr berührt sind. Schuld ist ein dehnbarer Begriff, schnelle Urteile fallen dem, der sich in ihrer trügerischen Sicherheit wähnt, umso schmerzhafter auf den Kopf: Das Polizistenduo Ellie Miller und Alex Hardy wird von Olivia Colman und David Tennant virtuos verkörpert. Tennants wunderbarer schottischer Zungenschlag sei Anlass, die Serie im englischen Original anzuschauen, der Auftritt der großen Charlotte Rampling ein Grund, die zweite Staffel mit Vorfreude zu erwarten. Staffel eins auf Netflix.

"Unreal"

Diese Produktion sieht hinter die Kulissen der fiktiven Datingshow „Everlasting“. Inklusive des despotischen Erfinders der Show und einer gestressten Produzentin. Im Mittelpunkt steht Rachel Goldberg (Shiri Appleby), eine der Showmitarbeiterinnen, die nach einem nervösen Zusammenbruch während der vergangenen Staffel aus Geldnot und Mangel an Alternativen an das Set zurückkehrt und da weitermacht, wo sie aufgehört hat: beim Manipulieren der Kandidaten. Das ist Fernsehen im Fernsehen. Seit Juni auf Amazon.

"Marcella"

Die Kinder sind im Internat, der Mann ist weg. Marcella Backland (Anne Friel) kehrt an ihren Arbeitsplatz bei der Londoner Mordkommission zurück, um eine mysteriöse Mordserie aufzuklären. Dann stirbt ausgerechnet die Geliebte ihres Mannes, der Marcella kurz davor einen Besuch abgestattet hat. Die Kommissarin hat vor allem mit sich selbst und ihren seltsamen Gewaltausbrüchen zu tun. Insgesamt eine sehr dichte, mitreißende Miniserie mit einer hervorragenden Hauptdarstellerin und verwirrend vielen Verdächtigen. Seit 1. Juli auf Netflix.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2016)

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