Medienminister gegen Erhöhung der ORF-Gebühren

ORF-Festspielempfang in Salzburg: Auftakt zu rund 100 Programmstunden der ORF-Kulturflotte
ORF-Festspielempfang in Salzburg: Auftakt zu rund 100 Programmstunden der ORF-Kulturflotte(c) ORF (Roman Zach-Kiesling)
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Die Wahlversprechen der Kandidaten für den ORF-Chefposten sollten nicht vom Gebührenzahler finanziert werden, findet der Minister Thomas Drozda.

Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) spricht sich vor der ORF-Wahl gegen eine Erhöhung der ORF-Programmentgelte im kommenden Jahr aus. "Meine Begeisterung über den Gebührenantrag, der da im Raum steht, ist endenwollend. Dass wahlkämpfende Kandidaten Wahlversprechen abgeben und die Finanzierung dann der Gebührenzahler übernehmen soll, ist ein Vorgang, den ich nicht goutiere", sagte Drozda im Interview mit der APA.

Die Gebührenfrage wurde durch die aktuellen Bewerbungskonzepte rund um die Wahl des ORF-Generaldirektors aufgeworfen. Als aussichtsreichste Kandidaten gelten dabei der von der SPÖ unterstützte amtierende ORF-Chef Alexander Wrabetz und der von der ÖVP favorisierte Finanzdirektor Richard Grasl.

Laut dem Konzept Grasls sieht die mittelfristige Finanzvorschau der ORF-Geschäftsführung im kommenden Jahr eine Gebührenerhöhung von 10,5 Prozent vor, die im Herbst aber noch durch den ORF-Stiftungsrat genehmigt werden muss.

"Wohltaten, die von anderen bezahlt werden"

"Der Vorgang, dass Wahlkämpfer Wohltaten in Aussicht stellen, die von anderen bezahlt werden, ist einer, den ich nicht ideal finde", meinte Drozda zu den Plänen. "Alle hätten gerne Valorisierungen. Aber es gibt eine Steuerreform, die sich einer Entlastung widmet, und es gibt Überlegungen zur kalten Progression, wo es um Entlastung und Stärkung des Konsums geht."

Eine Erhöhung der ORF-Gebühren stünde da "in einem gewissen Gegensatz zu dem, was wir uns als Regierung vorgenommen haben", sagt der Minister. Dass er selbst der bisher letzten Gebührenerhöhung als damaliger ORF-Stiftungsrat zugestimmt habe, stehe dazu nicht im Gegensatz. "Die war ja auch begründet, und da hat man auch nicht von einer zweistelligen Erhöhung gesprochen", sagte der Minister.

Haushaltsabgabe derzeit nicht in Sicht

Die mögliche Einführung einer generellen Medien-Haushaltsabgabe sieht Drozda kurzfristig nicht. "Das ist aktuell kein Thema. Das muss man sehr gut vorbereiten und intensiv mit allen Vor- und Nachteilen diskutieren." Diskussionen über Änderungen in anderen gesetzlichen Bereichen will sich der Medienminister nicht verschließen. Wrabetz und Grasl hatten in ihren Bewerbungen Vorschläge dazu präsentiert.

So soll der ORF mehr Möglichkeiten im Bereich Social Media, im non-linearen mobilen Bereich, bei der Online-Werbung, bei Flimmit sowie ORF Sport + bekommen und seine Inhalte länger als sieben Tage auf der ORF-TVthek und anderen Plattformen anbieten können.

TVthek Inhalte länger verfügbar machen

"Dass sich die Medienwelt durch die Digitalisierung radikal verändert, ist evident. Dass man daher auch schauen muss, was das für die gesetzliche Lage heißt, ist keine Frage. Wir müssen uns da Bereich für Bereich anschauen", so Drozda. Bei der ZDF-Mediathek sei es etwa "selbstverständlich, dass die Inhalte länger zur Verfügung stehen, und das sage ich jetzt nicht als zuständiger Bundesminister, sondern als Konsument. Das würde ich mir als Konsument auch vom ORF wünschen."

In der Causa Belvedere hatte sich der Medien- und Kulturminister zuletzt für eine Zweier-Führung und das Vier-Augen-Prinzip ausgesprochen, beim ORF will Drozda indes am Alleingeschäftsführer-Prinzip festhalten. "Das sehe ich nicht als Widerspruch. Ich habe bei den Vereinigen Bühnen selbst mit der Situation als Alleingeschäftsführer, der mit mehreren Prokuristen zeichnungsberechtigt war, gute Erfahren gemacht. Als Generaldirektor war ich für Strategie und Finanzen zuständig, dazu gab es die Intendanten. Im Belvedere ist das die Reaktion auf ein Kontrollversagen", erklärte der Minister.

Drozda setzt auf Wrabetz' Wiederwahl

Punkto ORF glaubt Drozda, dass die Wahl des Generaldirektors für die SPÖ besser ausgehen wird als die Wahl des Rechnungshofpräsidenten. "Der Amtsinhaber bewirbt sich mit einem klaren Konzept und einem Erfahrungshintergrund von zehn Jahren und ist ein hoch qualifizierter Kandidat. Ich gehe daher davon aus, dass es ihm ein weiteres Mal gelingen wird, die Mehrheit der Mitglieder des ORF-Stiftungsrats von seinen Ideen zu überzeugen", so Drozda über Wrabetz' Wahlchancen.

Die öffentliche Rezeption der ORF-Wahl als Duell zwischen SPÖ und ÖVP sieht der Minister vor allem als "Thema der Wahrnehmung - ich habe mit keinem ÖVP-Regierungsmitglied Diskussionen über den ORF, weil ich auch nicht wüsste, was ich diesbezüglich besprechen sollte. Das wird der Stiftungsrat entscheiden, und es wird sich der bessere Kandidat mit dem besseren Konzept durchsetzen."

"No Deal" zum Verfassungsgerichtshofpräsidenten 

Dass die ÖVP im Gegenzug für eine Niederlage bei der Wahl des ORF-Generaldirektors im kommenden Jahr bei der pensionsbedingten Nachbesetzung des Verfassungsgerichtshofpräsidenten zum Zug kommen könnte, wies Drozda zurück. "Das eine hat mit dem anderen Null zu tun. Für den Verfassungsgerichtshof geht es darum, die qualifizierteste Persönlichkeit zu finden. Da gibt es keinen 'Old Deal' und schon gar keinen 'New Deal'. Das verbietet sich: No Deal."

Grasl überrascht von Aussagen

Grasl hat sich am Freitag "überrascht" von Drozdas Aussagen gezeigt. Er verlieh seinem Befremden darüber Ausdruck, "dass die Politik dem unabhängigen Stiftungsrat und dem ORF Geschäftsführer hier eine Vorgabe zu geben versucht".

Grasl verwies auf seine Bewerbung als ORF-Generaldirektor, in der "ich dafür stehe, dass zuerst Kostensenkungen durch Strukturreformen erfolgen sollen". Dennoch "würde eine Nichtanpassung der Gebühren wohl Hunderte Jobs im ORF und seinen Landesstudios gefährden und Aufträge an die Film- und Kreativwirtschaft reduzieren", warnte er.

Der Finanzdirektor des öffentlich-rechtlichen Senders schloss mit einem kleinen Seitenhieb auf die ORF-Gremienvergangenheit des nunmehrigen Ministers: "Ich kenne Thomas Drozda aus seiner Zeit als ORF Stiftungsrat sehr gut. Damals hätte er, glaube ich, mit solchen Statements aus der Politik keine große Freude gehabt."

Eine weitere Wortmeldung gab es am Freitag aus der Politik, nämlich von NEOS-Chef Matthias Strolz auf Facebook. Er fände eine Anpassung der ORF-Gebühren schlicht "jenseitig", zumal "in Zeiten, in denen die Reallöhne sinken". Außerdem würde noch mehr "ORF-Steuer" (so Strolz) den privaten Medienmarkt ersticken. "Wir müssen hier als Bürgerinnen und Bürger den Protest hochfahren, sonst werden wir abkassiert!", so sein flammender Appell.

(APA)

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