"Der Herr General", ein Grandseigneur der alten Schule

Alte Freunde: Krejci, Androsch.
Alte Freunde: Krejci, Androsch.(c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Herbert Krejci rettete mit Freunden die Republik im Jahr 2005 vor einer Blamage. Die Belvedere-Ausstellung wäre sonst ins Wasser gefallen.

„Haben S' gedient? Wenn ja, wo? Oder etwa gar Reserveoffizier?“ Wer dieses Fragestakkato guten Gewissens bejahen konnte, hatte schon einen Stein im Brett beim strengen Professor Herbert Krejci. Denn er hatte etwas über für das Militär. Nicht für das Kriegführen, denn die Schrecken des Zweiten Weltkriegs an der Ostfront hatten ihn zum enragierten Kriegsgegner werden lassen. Aber Herbert Krejci wusste um die Wichtigkeit einer eigenen österreichischen Armee. Viele Großkonzerne, die „seiner“ Industriellenvereinigung angehören, sind seit Jahr und Tag großzügige Partner des Bundesheers – Krejci sei Dank. Am 10. August ist der Vielgeliebte, Vielbewunderte im gesegneten Alter von 93 Jahren gestorben.

Unübersehbar sind die respektvollen Nachrufe diverser Organisationen auf diesen wahren Herrn alter Schule. Den prachtvollsten Kranz ist ihm jedoch die Republik Österreich schuldig. Denn er hat – Seite an Seite mit Hannes Androsch und Peter Weiser – im Jahr 2005 die Regierung Schüssel II vor einer Blamage sondergleichen bewahrt.

Es stand das 50-Jahr-Jubiläum der Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrags von 1955 bevor, der Freiheitsurkunde der Zweiten Republik. Doch Bundeskanzler Schüssel von der ÖVP, der mit den abgespaltenen Resten der Freiheitlichen, dem BZÖ, weiterregieren wollte, hatte andere Sorgen als die sorgfältige Vorbereitung einer Ausstellung im Schloss Belvedere – wo sonst? Unterrichts-, Wissenschafts- und Kulturministerin war Elisabeth Gehrer, die mit einem solchen Projekt überfordert gewesen wäre, und Geld war auch nicht aufzutreiben. „Die Presse“ bemängelte damals das seltsam geringe Interesse Schüssels an der Zeitgeschichte.

Das wieder rief das Dreigestirn Weiser, Androsch, Krejci auf den Plan: Sie mobilisierten, strapazierten alle Kontakte, trieben mehrere Millionen auf, mit denen eine großartige historische Schau gelang. „Die Presse“ begleitete sie dabei. Es war eine Respekt gebietende Manifestation der Zivilgesellschaft. Ob sich die Regierenden gedemütigt fühlten? Man weiß es nicht so genau. Nach außen hin sonnten sie sich bei der Ausstellungseröffnung, denn schließlich mussten sie ja dann doch Geld aus dem Budget zuschießen.

Krejcis unbändige Wissbegier, seine stupende Bildung und sein Faible für Geschichte waren auch der Grund dafür, dass „der Herr Professor“ über viele Jahre mit Freude und Donnerstimme das Präsidium im Verein der Freunde des Heeresgeschichtlichen Museums ausübte. Dieser Verein unterstützt die Bemühungen des HGM und tätigt Ankäufe, die für das Museumsbudget nur schwer zu verkraften wären. Als der frühere Museumsdirektor Manfried Rauchensteiner den Vorsitz im Verein übernahm, wählte man Krejci einstimmig zum Ehrenpräsidenten. Auch in dieser Funktion wurde Krejci nicht müde, an die ungebrochene Geschichte Österreichs zu erinnern – in all ihren Facetten.

Respekt auch für die Opposition

Dass er zudem ein charmanter Plauderer war, ein gütiger Lehrmeister in Zeitgeschichte, ein strikter Großkoalitionär, der aber auch die Rolle der freiheitlichen Opposition respektierte, ein hellwacher Beobachter dieser Zweiten Republik, tat ein Übriges zu seiner legendären Beliebtheit über alle Parteigrenzen hinweg.

Sein Fundus an Anekdoten war unerschöpflich. So etwa diese aus seiner Zeit als „Kurier“-Aufsichtsrat, verantwortlich für die Blattlinie dieser Zeitung. „Täglich am Morgen hat mich der Manfred Mautner Markhof angebrüllt, täglich am Abend der Michael Graff. Bis ich dem einmal gesagt habe: ,Herr Graff, ich habe im Krieg in Dnjepropetrowsk einen Unteroffizierslehrgang der Wehrmacht gemacht. Sie dürfen sicher sein, dass ich lauter schreien kann!‘“ Darauf übersandte Frau Maria Graff frische Erdbeeren. (hws)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2016)

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