Am Donnerstag wird das ORF-Direktorium bestellt. Die ÖVP wartet auf ein Versöhnungsangebot, hofft auf den Kaufmännischen Direktor.
ORF-General Alexander Wrabetz lässt sich derzeit nicht gern in die Karten schauen, wer auf seiner Direktorenliste steht. „Wir erfahren das vermutlich erst in der Sitzung“, sagt eine Stiftungsrätin – andere glauben, dass schon am Mittwoch etwas durchsickern könnte. Denn: Um weitere wichtige Entscheidungen reibungslos durchbringen zu können (etwa eine mögliche Gebührenerhöhung), ist Wrabetz auf das Wohlwollen von ÖVP, FPÖ und Team Stronach angewiesen, die ihn bei seiner Wiederbestellung nicht unterstützt haben. Daher rechnet man im bürgerlichen Lager bei seiner Entscheidung über die Direktoren mit einem Versöhnungsangebot.
Wie könnte das aussehen? Jedenfalls müsste Wrabetz einen Kaufmännischen Direktor und einen Online- oder Digitalchef bestellen, der dem sogenannten bürgerlichen Lager zuzuordnen ist – eventuell auch einen Personalchef. Denn diejenigen Kandidaten im Topmanagement des ORF, die bereits als fix gelten, haben allesamt entweder keinen politischen Background (TV-Chefin Kathrin Zechner soll Programmdirektorin werden), gelten als eher links (FM4-Chefin Monika Eigensperger ist Favoritin für die Radiodirektion) oder sind eindeutig der SPÖ zuzuordnen (neben ORF-General Wrabetz ist das auch Technik-Direktor Michael Götzhaber, der wiederbestellt werden dürfte).
Was also bekommt das bürgerliche Lager? Dort rechnet man fix mit einem Angebot für den Kaufmännischen Direktor. Als mögliche Kandidaten kursieren neben der – sehr unwahrscheinlichen – Idee, der unterlegene Wrabetz-Herausforderer, Richard Grasl, könnte bleiben, auch noch Kurt Rammerstorfer. Dem OÖ-Landesdirektor wird ein guter Draht zu ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner nachgesagt. Allerdings hat Rammerstorfer in Gesprächen mit Verantwortlichen beteuert, er wolle Landesdirektor bleiben – und demgemäß hat er sich auch nicht um die Kaufmännische Direktion beworben (was aber noch möglich wäre). Weit gestreut ist das Gerücht, Gerald Grünberger, derzeit Geschäftsführer des Verlegerverbandes VÖZ, könnte Grasl als Kaufmännischer Direktor beerben. Grünberger war stellvertretender Büroleiter im ÖVP-Kunst- und Medienstaatssekretariat.
„Kurier“-Chef Kralinger winkt ab
Dementiert hat hingegen VÖZ-Präsident und „Kurier“-Geschäftsführer Thomas Kralinger: Am Montag informierte er die „Kurier“-Mitarbeiter per E-Mail, dass er weder Generaldirektor der Vereinigten Bühnen Wiens noch Finanzchef des ORF werde, sondern vorhabe, weiterhin für die Zeitung zu arbeiten.
Zwei weitere Namen werden im Zusammenhang mit der Kaufmännischen Direktion des ORF genannt: Roland Weissmann (er war Grasls Büroleiter und verwaltet als Leiter der TV-Produktionswirtschaft die Programmmillionen des ORF) und Michaela Huber. Die OMV-Managerin war einst ÖVP-Minister-Sprecherin und wäre ebenfalls ein Signal an die Schwarzen. ORF-Online-Chef Thomas Prantner hingegen gilt als Verbindungsmann zur FPÖ: Er dürfte bleiben und könnte Chief-Digital-Officer werden.
Am Montag tagte der Finanzausschuss – die dort vertretenen Stiftungsräte erwarteten, von Wrabetz über Details seiner geplanten Strukturreform informiert zu werden. Geht es nach Wrabetz, werden neue Jobs und Hierarchien geschaffen – etwa durch den Einsatz von Channelmanagern. Auch hier werden dann übrigens noch einige neue Posten zu besetzen sein.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2016)