Wer ist der „geheime Finanzdirektor“?

ORF-Stiftungsrat: Team von ORF-Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz mit klarer Mehrheit bestellt
ORF-Stiftungsrat: Team von ORF-Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz mit klarer Mehrheit bestellt(c) ORF (Thomas Ramstorfer)
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Mit Andreas Nadler hat kaum jemand gerechnet. Das Who-is-Who der zwei neuen und zwei wiederbestellten ORF-Direktoren.

Andreas Nadler (Kaufmännischer Direktor): Mit ihm hatten selbst gut informierte Beobachter nicht gerechnet. Der gebürtige Welser (*12. 2. 1970) gilt als Experte, der die ORF-Finanzen im kleinen Finger hat – und als politisch unabhängig. Nadler hat roten wie schwarzen Kaufmännischen Direktoren verlässlich zugearbeitet: Peter Radel (schwarz), Alexander Wrabetz (rot), Sissy Mayerhoffer (eher schwarz), Richard Grasl (schwarz). Deshalb nannte man Nadler im ORF schon vor seiner Bestellung den „geheimen Finanzdirektor“. Nadler war u. a. operativer Leiter der ORF-Vermarktungstochter Enterprise. 2003 wurde er Leiter der Hauptabteilung Finanzwirtschaft im ORF (zu der u. a. die Buchhaltung, die Personalverrechnung, das Beteiligungs- und Veranlagungsmanagement sowie das Controlling der ORF-Töchter gehören). Nadler war sieben Jahre lang Stellvertreter von Richard Grasl, den er mit Jahreswechsel als Kaufmännischen Direktor beerben wird.

In der Öffentlichkeit ist Nadler ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Wegbegleiter sagen, er sei einer, der selten Emotionen zeige. Wrabetz schätzt ihn sichtlich. Am Donnerstag sagte er über ihn: „Er ist kompetent, sachorientiert und stellt seine Person nie in den Vordergrund. Ich kenne wenige Finanzer auf der Welt, die so eine Herzlichkeit haben, wenngleich er sie nicht immer im Gesicht trägt.“

Monika Eigensperger(Radio): Sie leitet seit zwanzig Jahren FM4 und bleibt – in Personalunion – Channelmanagerin des Senders. Die Wienerin (*15. 9. 1959) begann 1980 als freie Mitarbeiterin in der Ö3-Serviceredaktion, war Musikprogrammgestalterin und Reporterin („Zick Zack“, „Radiothek“) und ab 1983 mit dem Aufbau von „Treffpunkt Ö3“ betraut. Ab 1993 war sie stv. Ö3-Chefin. Als sie 1996 FM4 übernahm, lief das Programm abends auf Blue Danube Radio, ab 2000 wurde rund um die Uhr gesendet. FM4 gilt als Nachwuchsschmiede der ORF-Radios und als Förderer heimischer Musik. Doch die jungen Zuhörer sind immer schwerer zu erreichen: Zuletzt hatte FM4 3,9 Prozent Reichweite und drei Prozent Marktanteil (zweites Hj. 2015). Von Kollegen wird sie als resolut und kommunikativ beschrieben, politisch hat sie sich nie deklariert, gilt aber als eher links. Sie freute sich am Donnerstag, ihrem Geburtstag, über das „tolle Geschenk“, den Direktionsposten.

Kathrin Zechner (Programm): Die jetzige TV-Direktorin bleibt mächtigste Frau auf dem Küniglberg. Die Grazerin (*17. 5. 1963) war das einzige Mitglied des Direktoriums, das auch Wrabetz-Herausforderer Richard Grasl im Team haben wollte. Sie verantwortet erfolgreiche Eigenproduktionen (u. a. „Landkrimis“, „Altes Geld“, „Vorstadtweiber“), die dem ORF zu mehr Profil verholfen haben. Zechner ist eine fordernde Vorgesetzte. Als politisch Unabhängige verteidigt sie ihre Leute aber gegenüber Begehrlichkeiten und ist eine zähe Kämpferin, die ihre Interessen durchzusetzen weiß. Zechner kennt den ORF bestens. Sie war nach Abschluss des Studiums 1986 bis 1991 freie Mitarbeiterin in der ORF-Unterhaltung. 1992 holte sie Gerhard Zeiler als Unterhaltungschefin zu Tele 5 nach München – als ORF-General engagierte sie Zeiler dann als Programmintendantin im ORF. 2004 bis 2012 war sie Intendantin der Vereinigten Bühne Wien (Bereich Musical) und kehrte 2012 als TV-Direktorin zum ORF zurück. 2017 startet ihre vierte Direktionsphase.

Michael Götzhaber (Technik). Der gebürtige Klagenfurter (*18. 4. 1966) ist ein waschechter Roter – und steht seit Jahren loyal hinter ORF-General Alexander Wrabetz. Götzhaber kam 1988 als technischer Assistent zum ORF-Kärnten, wo er nach einigen Jahren die technische Leitung übernahm. 1996 wurde er Betriebsrat im ORF-Kärnten, 1999 dortiger Betriebsratschef. Ab 2002 war er Mitglied im Zentralbetriebsrat und gehörte als Belegschaftsvertreter im Stiftungsrat (2004–2011) dem SPÖ-Freundeskreis an. Seit 2012 ist er Technikdirektor. [ APA ] (i. w.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2016)

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