Wie ein Amazon-Verfahren Kulturgelder bedroht

Amazon.com´s logo is seen at Amazon Japan´s office building in Tokyo
Amazon.com´s logo is seen at Amazon Japan´s office building in Tokyo(c) REUTERS (KIM KYUNG-HOON)
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Wegen eines Rechtsstreits mit Amazon landen Millionen Euro (vorerst) nicht bei den Künstlern.

Wegen eines Gerichtsverfahrens zwischen dem Onlineversandhaus Amazon und den österreichischen Verwertungsgesellschaften müssen zahlreiche Kulturschaffende auf Fördergelder warten: Bereits seit Februar sind Mittel, die durch die Speichermedienvergütung (genannt Festplattenabgabe) an die Austro Mechana fließen, um dann an Künstler, Musiker, Filmschaffende etc. verteilt zu werden, eingefroren. Betroffen davon sind Künstler und Einrichtungen aller Sparten: Der österreichische Musikfonds hat deswegen nun seinen nächsten Förder-Call abgesagt, auch das Budget der Viennale fällt u. a. deshalb heuer geringer aus. Betroffen seien vor allem kleine Labels und Projekte, sagt Markus Lidauer, Leiter des SKE-Büros der Austro Mechana: „Das bringt kleine Veranstalter um.“ Im Vorjahr seien es insgesamt 8,3 Millionen Euro gewesen, die durch die Abgabe eingenommen und an die Kulturschaffenden verteilt wurden, sagt Lidauer.

Amazon stellt ganzes System infrage

Nun bewegt sich kein Cent. Hintergrund ist ein Rechtsstreit um die Speichermedienvergütung, die im Vorjahr auch auf digitale Speichermedien ausgeweitet wurde: Händler müssen für jedes verkaufte Gerät Abgaben einheben und an die Austro Mechana weitergeben. Die verteilt das Geld an die einzelnen Verwertungsgesellschaften, die die Hälfte davon wie Tantiemen an Rechteinhaber auszahlen und die zweite Hälfte in einen Topf für soziale und kulturelle Einrichtungen (SKE) stecken. Damit werden Projekte gefördert und Künstler in Not unterstützt.

Mit den meisten Gerätehändlern hat sich die Austro Mechana geeinigt – auch was alte Fälle betrifft, wurde jüngst ein Kompromiss erzielt. Doch Amazon weigert sich seit Jahren hartnäckig zu zahlen. Schon 2007 klagte die Austro Mechana den Konzern und bekam in zwei Instanzen recht. Amazon stellte daraufhin das gesamte System der österreichischen Privatkopievergütung infrage. Der Oberste Gerichtshof muss nun klären, ob die Vergütung EU-rechtskonform eingehoben wurde und ob die Austro Mechana das Geld überhaupt an die Künstler weiterverteilen darf. Ein Streitpunkt dabei ist, ob die SKE–Auszahlungen diskriminierend sind – Amazon argumentiert, dass heimische Künstler bevorzugt würden.

Solange die Frage nicht geklärt ist, hält die Austro Mechana alle Zahlungen aus dem Topf der Speichermedienvergütung zurück. Denn sollte Amazon das Verfahren gewinnen, könnte das System der Vergütung einbrechen. Laut Lidauer sei völlig unklar, ob den Verwertungsgesellschaften dann auch Rückzahlungsforderungen drohen könnten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2016)

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