Deutlich weniger Musik? Debatte über Ö1-Reform

(c) Clemens Fabry
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Der ORF-Stiftungsrat diskutiert heute über das geplante Ö1-Sendeschema - und eine Finanzierungslücke.

Mit Gegenwehr war zu rechnen. Während der Stiftungsrat über das neue Ö1-Programmschema berät, machen die Mitarbeiter dagegen mobil: 30 Stunden weniger Musik pro Monat seien zu erwarten, haben die Redakteurssprecher errechnet und vermuten, dass die Schemaänderung „zu sehr im Zeichen von Sparvorgaben“ steht. Ihre Forderung, das Budget von Ö1 „auf dem jetzigen Stand“ zu sichern und eine Reform ohne Spardruck durchzuführen, dürfte wohl ein Wunschtraum bleiben. Denn fast zeitgleich hat ORF-General Alexander Wrabetz den Stiftungsräten, die heute tagen, den Finanz- und Stellenplan 2017 übermittelt. Sein Fazit: Im Budget klafft eine Lücke von 42 Millionen Euro, die es bis zur Dezember-Sitzung, in der der Finanzplan abgesegnet werden soll, noch zu schließen gilt – u. a. durch weitere Sparmaßnahmen.

Wieso das Geld fehlt, erklärt Wrabetz mit den „besonderen Herausforderungen“, die im kommenden Jahr auf den ORF zukommen. Wrabetz nennt in einem Begleitbrief zum Finanzplan den „Wegfall von Einmalerlösen“, den verschärften Wettbewerb und „verschlechterte rechtliche Rahmenbedingungen“ (gemeint ist z. B. dass man nach einem VwGH-Urteil keine ORF-Gebühren mehr zahlen muss, wenn man den ORF nur via Streaming konsumiert; bzw. dass der EuGH entschieden hat, dass Schwarzblenden zwischen Werbespots in die Werbezeit einzurechnen sind – was wegen der Werbezeitbeschränkung die ORF-Einnahmen reduziert). Die fehlenden 42 Millionen Euro sollen nun durch weitere Kostensenkungen und durch Mehrerlöse hereinkommen.

Letztere wären durch eine Gebührenerhöhung möglich (2016 bekommt der ORF laut Plan 597,6 Mio. Euro), der Antrag auf Neufestlegung des Programmentgelts ist ohnehin laut Gesetz noch heuer zu stellen. Einer muss sich damit jedenfalls nicht mehr befassen: Richard Grasl, der bis Ende Oktober als Kaufmännischer Direktor die finanziellen Geschicke des ORF lenkte, hat am Mittwoch bestätigt, dass er künftig für die Vertriebstochter von „Krone“ und „Kurier“ arbeiten wird: „Ich unterstütze die Mediaprint bei der Strategie für TV und Bewegtbild“, erklärte er am Mittwoch. Grasl wird das als Selbstständiger tun.

Küberl: „Muss über Ö1 reden können“

ORF-Stiftungsrat Franz Küberl spricht von einem „Tritt ans Schienbein durch den Gesetzgeber“, dass die ORF-Gebühren nicht jährlich automatisch angepasst werden. Er fordert für das Unternehmen „eine Art Fitnessprogramm bis 2015“, das mit einer Finanzlücke nicht zu bewältigen wäre. Dass die Ö1-Redaktion lautstark protestiert, kann Küberl nicht ganz nachvollziehen: „In dem neuen Schema wird eine Modernisierung vorgeschlagen, was ich prinzipiell für vernünftig halte. Man muss auch über Ö1 reden können.“ Welche Auswirkungen das auf das Personal haben wird, könne er als Stiftungsrat allerdings nicht beurteilen. Die Redaktion kritisiert u. a. den Sendeplatz des geplanten Medienmagazins, sorgt sich um die Eigenständigkeit von „Tonspuren“, „Contra“, „Kunstradio“ etc. am „Kunstsonntag“ und vermisst durch die Zusammenlegung von „Hörspiel-Studio“ und „Kunstradio“ 60 Minuten Sendezeit für österreichische Autoren pro Woche. Heute wird der Stiftungsrat das diskutieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2016)

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