Das Universum wird den Fall schon lösen

Dirk Gently's Holistic Detective Agency
Dirk Gently's Holistic Detective Agency Bettina Strauss/AMC & BBC America
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Aberwitzige Situationen, absurde Zufälle und ein Detektiv, der sich aufs Schicksal verlässt: Die Serie „Dirk Gently's Holistic Detective Agency“ nach den Büchern von Douglas Adams ist nun auf Netflix zu sehen.

Er heiße Dirk Gently, er sei ein Detektiv – und er wohne nun hier, sagt der seltsame Brite, der auf einmal in Todds Wohnung steht und den verdutzten Kerl kurzerhand zu seinem Assistenten erklärt. Für Todd erscheint der überschwänglich fröhliche Typ zur denkbar unpassendsten und passendsten Zeit zugleich: Er hat soeben seinen Job als Hotelboy verloren, gilt als Verdächtiger in einem Mordfall, seine Schwester leidet an einer wundersamen Nervenkrankheit, er kann ihr aber nicht helfen, weil er komplett pleite ist – weshalb auch der Vermieter mit seiner Brechstange regelmäßig vorbeischaut und die Schulden eintreiben will. Todd (überzeugend kümmerlich: Elijah Wood) hätte also genug Probleme, um sich lieber nicht auch noch mit einem neurotischen Detektiv auseinanderzusetzen, aber andererseits: Was würde er sonst schon tun?

Ein holistischer Spürkopf. Dirk Gently (Samuel Barnett), der sich bei aller Adrettheit sämtlichen sozialen Gepflogenheiten zu widersetzen scheint, versteht sich auch nicht als normaler Detektiv, sondern als holistischer: Er glaubt an „the fundamental interconnectedness of all things“, also dass alles, was irgendwo passiert, irgendwie mit allem anderen verbunden ist. So hält er sich auch nicht mit klassischer Ermittlungsarbeit auf, weil er fest darauf vertraut, dass das Universum ihn schon zur richtigen Zeit zum richtigen Ort leiten wird.

„I will eventually solve the case by doing what I'm doing“, sagt er in der ersten Folge von „Dirk Gently's Holistic Detective Agency“, einer Koproduktion von BBC und Netflix. Und er sagt das nicht aus Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten – tatsächlich wird er sich in detektivischen Dingen als völlig unbedarft erweisen –, sondern aus der Überzeugung heraus, dass der Lauf der Dinge ohnehin festgelegt ist: Wozu sich abmühen, das Geschehen zu beeinflussen, wenn man einfach mitspielen und sich dabei amüsieren kann?

Douglas Adams, der 2001 verstorbene Autor hinter Popkultur-Klassikern wie „Per Anhalter durch die Galaxis“, ersann Dirk Gently 1987 für eine Romanreihe. Autor und Produzent Max Landis („American Ultra“) lieh sich für seine Serienadaption nun die Figur – deren Spürsinn er aber weitgehend durch planlose Neugier und kindliche Lust am Chaos ersetzte – und die Grundidee, dass eine Reihe unwahrscheinlicher Zufälle, die für sich allein schon bizarr genug sind, am Ende zu einer Lösung führen wird.

Alles Weitere hat, bis auf wenige Anspielungen, mit Douglas Adams' Kreation nur wenig zu tun. Schade, dass dabei auch viel von ihrem Reiz verloren ging: Adams' Sprachwitz; die gedanklichen Anläufe, die er nimmt, um sie mit einer herrlich simplen Wendung ins Absurde zu kehren; seine liebevoll kreierten Welten, in denen es ziemlich schräg, aber gerade dadurch so ehrlich zugeht. Dafür gibt es in der Serie umso mehr wild inszenierte, lose ineinandergreifende, übernatürlich aufgeladene Handlungsstränge, die an Absurdität keinen Mangel erkennen lassen.


Einfach alle töten.Da gibt es u. a., neben dem eingangs erwähnten Mord, einen wütenden Mob von vier Schlägertypen namens Rowdy Three, eine Horde tätowierter Bösewichte, ein paar unabhängig voneinander arbeitende Ermittlerteams, eine entführte Katze und ein vermisstes Mädchen, das sich für einen Hund hält. Ach ja, und dann gibt es noch eine psychopathische Mörderin, die ihre holistische Bestimmung so versteht, dass das Universum sie zu ihren Opfern führt – was im Umkehrschluss bedeutet, dass sie einfach jeden tötet, dem sie auf ihrem Weg begegnet.

Die schiere Menge an Subplots führt unweigerlich dazu, dass in einer einzelnen Folge insgesamt nicht sehr viel weitergeht. Die ersten Folgen bleiben vordringlich ein Panoptikum von aberwitzigen Situationen und bizarr überzeichneten Figuren, die kaum Zeit haben, sich charakterlich zu entfalten, weshalb letztlich alles, was sie tun, willkürlich und unlogisch erscheint.

Vielleicht ist es das aber, was die Macher bezwecken. Das Universum tut eben, was es will – und wenn am Ende gerade im Unsinn Sinn entsteht, dann ist das doch genau das, was Douglas Adams so genial vorgemacht hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2016)

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