Die Neue „im Zentrum“

IM ZENTRUM
IM ZENTRUMORF
  • Drucken

Ab Sonntag moderiert Claudia Reiterer die Diskussionssendung „Im Zentrum“. Die zielstrebige Moderatorin will näher an die Bürger rücken und geht mit Kritik gelassen um.

Sie habe keine Sekunde gezögert, die Moderation von „Im Zentrum“ anzunehmen. „Ein Nein kam mir nicht in den Sinn“, sagt Claudia Reiterer. Sie übernimmt am kommenden Sonntag das Mikrofon der Politikdiskussion von Ingrid Thurnher, die nach zehn Jahren zum Spartensender ORF III wechselt, um dort die Informationssendungen zu leiten.

Für manche politmedialen Kommentatoren kommt Reiterers Wechsel zur Unzeit. Dass ihr Ehemann Lothar Lockl heißt, bis 2009 Kommunikationschef der Grünen war und zuletzt Kampagnenmanager von Alexander Van der Bellen, stößt nicht nur den direkten Konkurrenten des designierten Bundespräsidenten sauer auf. Reiterer kennt diesen Vorwurf, einmal kostete sie die Position ihres Mannes einen Job (die Moderation des Parlamentsmagazins „Hohes Haus“ im Jahr 2006), das soll nicht mehr vorkommen. Von der neuerlichen Kritik lässt sie sich nicht verunsichern. Für sie kommt der Ruf in das „Zentrum“ zur rechten Zeit. Nach fast 20 Berufsjahren im Fernsehen und exakt zehn Jahren und 1500 Sendungen der Konsumentensendung „Heute konkret“ hat sie sich, wie sie sagt, „eine unglaubliche Sendungsroutine“ erarbeitet. Nervös sei sie nicht mehr. Und sie habe eine Perspektive auf politische Themen aus Konsumenten- und Bürgersicht bekommen. Auch Kollegen inner- und außerhalb des ORF sagen: „Moderieren kann sie.“

Auf ihren Mann angesprochen, lächelt Reiterer und sagt zuerst: „Es ist so schön, dass ich die Liebe meines Lebens gefunden habe.“ Doch dann macht sie unmissverständlich klar, dass sie keineswegs Denkfortsatz ihres Mannes ist. „Es ist immer wieder überraschend, dass es Menschen gibt, die glauben, man kann als Frau nicht eigenständig denken.“ Die harte Kritik vor allem vonseiten der FPÖ rund um die Bekanntgabe ihres neuen Moderationsjobs nimmt sie gelassen. „In der Aussendung von Herbert Kickl (FPÖ-Generalsekretär, Anm.) habe ich sehr wohl das Wort ,hochprofessionelle Journalistin‘ gelesen, daran halte ich mich fest.“ Und in der Zukunft rechnet sie sogar mit Kritik, nicht nur von freiheitlicher Seite: „Wenn mich niemand kritisiert, dann mache ich etwas falsch.“

Hochmotiviert und trotz eines beschämend kleinen Teams von vier Redakteuren unter der Leitung von Robert Stoppacher geht Reiterer an die neue Aufgabe. Es gilt im ORF als beinahe unmöglich, Elemente in einer schon länger bestehenden Sendung zu verändern. Angeblich soll sie besonders viel Energie darauf verwendet haben, bessere Stühle für das Studio durchzusetzen, weil die alten die Studiogäste nicht im besten Licht erscheinen ließen. Und siehe da, es wird neue Stühle geben. Wegbegleiter sagen, das sei typisch für Reiterer. „Sie nervt so lang, bis sie kriegt, was sie will.“ Auch sonstige Änderungen bleiben kosmetischer Natur: Das Licht wird sanft verändert und der Sendungsschriftzug trägt ab sofort den Zusatz „mit Claudia Reiterer“.

Fragen der Bürger von der Straße

Inhaltlich bleibt dafür fast alles so, wie es war. Reiterer will weniger Gäste einladen, maximal vier bis fünf. Und den Beitrag, der zu Beginn jeder Sendung in das Thema einführen soll, will sie künftig selbst gestalten. Sie wird also im Lauf der Woche selbst mit der Kamera hinausgehen und die Menschen auf der Straße zum Wochenthema befragen. Im Vordergrund soll weiterhin die Diskussion stehen, aber ihr Mantra wird klar: „Diese Sendung ist für die Wählerinnen und Wähler, die Bürgerinnen und Bürger.“

Reiterer hat freilich nicht nur Freunde im ORF, aber es fällt auf, dass man mehr Lob als Kritik zu hören bekommt. Nur dass sie am liebsten immer alles selbst mache, legen ihr manche auch als Schwäche aus. Kollege Hanno Settele nennt Reiterer „eine furchtlose Moderatorin, die nur einen Fokus hat: die Zuseher.“ Ihre größte Schwäche sei „gleichzeitig auch eine ihrer größten Stärken“ – und zwar ihr Motto: „Tell it as it is.“ Einen Rüffel vom Redakteursrat handelte sie sich nur einmal ein, als sie 2009 für die AMA warb. Ein Nebenjob, den ORF-Chef Wrabetz zwar genehmigt hatte, für die Kollegen war er aber unvereinbar mit ihrem Moderationsjob.

Reiterer, die Mutter eines Sohnes ist, gilt privat als bodenständig, aufopfernd in Freundschaften und in manchen Dingen sogar als konservativ. Dass sie bei der Sendung „Dancing Stars“ mitgetanzt hat, überraschte Freunde nicht. Auch nicht, dass sie die Tanzshow dann sogar gewonnen hat. Ihr Ehrgeiz setzt sich in jeder Lebenslage durch. Nicht auf ungute Art, sagen Freunde und Kollegen.

ZUR PERSON

Claudia Reiterer (* Juli 1968), aufgewachsen als Pflegekind in der Steiermark. Nach der Ausbildung zur Krankenschwester absolviert sie eine Journalismusausbildung und beginnt 1995 beim Privatradio Antenne Steiermark. 1998 wechselt sie zum ORF, 1999 in die „Zeit im Bild“-Redaktion. Sie moderiert „Pressestunde“, „Hohes Haus“ und ab 2007 „Heute konkret“. 2009 gewinnt die Mutter eines Sohnes die fünfte Staffel der Tanzsendung „Dancing Stars“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.