Mediale Schockwellen in Trumpland

Megyn Kelly hat sich im jüngsten US-Wahlkampf auch bei Gegnern von Fox News Anerkennung für ihren Widerstand gegen Donald Trump erarbeitet.
Megyn Kelly hat sich im jüngsten US-Wahlkampf auch bei Gegnern von Fox News Anerkennung für ihren Widerstand gegen Donald Trump erarbeitet.imago/ZUMA Press
  • Drucken

Die Ära des neuen Präsidenten läutete eine Frontverschiebung in der US-Medienbranche ein. Megyn Kelly und Greta Van Susteren verstärken Fox News' linksliberale Konkurrenz, der Markt für rechtspopulistische Buchautoren könnte schrumpfen.

Für die Fans des konservativen amerikanischen Nachrichtensenders Fox News begann das neue Jahr mit einer herben Überraschung. Die zwei prominentesten Frauen des rechtskonservativen Nachrichtensenders machten ihren Wechsel zur linksliberalen Konkurrenz bekannt. Megyn Kelly, jahrelange Quotenbringerin und knallharte Interviewerin, gab überraschend ihr Engagement bei NBC News bekannt. Kurz darauf lief auf dem linksliberalen Schwestersender MSNBC – sozusagen dem Anti-Fox-News – die erste Folge von „For the Record with Greta“, der neuen Abendnachrichtenschau mit Greta Van Susteren, die 14 Jahre lang in einem gleichartigen Format auf Fox News Politiker beider Parteien knochentrocken ausgefragt hatte.

Beide Male dürften die Folgen der im vorigen Jahr aufgedeckten zahlreichen Fälle sexueller Nötigung und Erpressung durch Fox-News-Gründer Roger Ailes eine Schlüsselrolle gespielt haben. Ailes wurde von den Fox-Eigentümern, dem Murdoch-Clan, zwar mit einer Millionenabfertigung die Tür gewiesen. Doch die chauvinistische Firmenkultur, die Ailes geschaffen hatte, in der Moderatorinnen bloß als Blickfang in kurzen Röcken hinter transparenten Schreibtischen drapiert werden und man auch den lässig aus dem Ärmel geschüttelten Herrenwitz live auf Sendung nicht scheut, blieb erhalten. Männer wie Bill O'Reilly oder Sean Hannity, der sich stolz als „gottlob kein Journalist“ bezeichnet und Wahlpropaganda für Donald Trump machte, haben bei Fox News das Sagen. Für starke Frauen wie Kelly und Van Susteren, denen man trotz politischer Schlagseite hohe Professionalität zugestehen muss, war der Moment gekommen, in dem ein Absprung sich aufdrängte.

Trumps überraschender Wahlsieg eröffnete diese Gelegenheit. Denn bei den Mainstreammedien begann man noch in der Wahlnacht darüber zu grübeln, wie man den großen Zuspruch zu einer nationalistisch-protektionistischen Politik übersehen konnte, die dezidiert auf die Behutsamkeiten der politischen Korrektheit verzichtet. Gerade für NBC News und MSNBC ist es redaktionell und kaufmännisch dringend erforderlich, sich für einen Teil des Publikums interessant zu machen, der doch größer ist als oft angenommen. Die 46-jährige Kelly, die sich mit ihrer unerschütterlichen Befragung Trumps landesweit Respekt erarbeitet, aber auch Morddrohungen von Trump-Fans eingehandelt hat, ist für diese strategische Neuausrichtung ein Glücksgriff. Sie hatte schon länger den Wunsch geäußert, abends weniger zu arbeiten, um mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen zu können. NBC lässt sie nun eine Nachmittagssendung gestalten und will sie situativ für Großereignisse einsetzen. Kelly nimmt dafür vermutlich Gehaltseinbußen in Kauf, denn NBC News kann ihr sicher nicht die Jahresgage von 20 Millionen Dollar anbieten, die ihr der Branchenprimus Fox News für einen unterschriftsreifen neuen Vertrag gezahlt hätte.


Ohne Clintons kein Absatz.
Auch der Markt für politisch-polemische Sachbücher, der in den USA deutlich größer ist als in Europa, wird angesichts Trumps Präsidentschaft einen Wandel erfahren. Der Abtritt der Clintons von der politischen Bühne beraubt Heerscharen rechtspopulistischer Autoren ihrer Zielscheibe. Zwar hat der extrem rechte Internetprovokateur Milo Yiannopoulos kürzlich einen sechsstellig dotierten Vertrag bei einer Tochterfirma von Simon & Schuster erhalten. Doch mit einem Republikaner im Weißen Haus und den Clintons im politischen Abseits lassen sich Streitschriften über die angebliche linksliberale Elitenverschwörung schwerer verkaufen. „Die Stimmung in unserem Markt ist ganz, ganz anders mit Trump als Präsident, als sie es mit Hillary Clinton gewesen wäre“, sagte Marji Ross vom rechtskonservativen Verlag Regnery neulich zur „New York Times“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Belästigungsklagen: Fox News zahlt Millionen
Medien

Belästigungsklagen: Fox News zahlt Millionen

Der US-Fernsehmoderator Bill O'Reilly und sein Sender Fox News sollen insgesamt 13 Millionen Dollar an fünf Frauen gezahlt haben.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.