Mach's nochmal, David Lynch: Diese neuen Serien starten

SHERILYN FENN, KYLE MACLAUGHLIN
SHERILYN FENN, KYLE MACLAUGHLINABC
  • Drucken

Die Auferstehungen von Produktionen wie „Akte X“, „Full House“ und „Gilmore Girls“ blieben im vergangenen Jahr hinter den Erwartungen. Trotzdem kehren 2017 noch mehr Klassiker zurück – von „Twin Peaks“ bis „Star Trek“.

Fox Mulder und Dana Scully aus „Akte X“. Lorelai und Rory Gilmore aus den „Gilmore Girls“. Donna Tanner und Jesse Katsopolis aus „Full House“. Das vergangene Jahr brachte uns viele Wiedersehen mit Figuren, die wir unwiderruflich in der Fernsehpension sahen. Für die Fans der jeweiligen Originalserie wurde daraus stets ein Fest, egal wie hymnisch oder kritisch die Rezeption der auferstandenen Produktion ausfiel (von bemüht bei „Akte X“ bis mittelmäßig bei „Gilmore Girls“). Tatsächlich haben sich die Produktionshäuser von Fox bis Netflix mehr von ihren seriellen Wiederbelebungen erwartet. Doch sie geben nicht auf. Im Gegenteil, sie greifen 2017 noch tiefer in die Nostalgiekiste, graben alte Klassiker aus oder lassen beliebte Figuren aus aktuellen Serien in Ablegern oder Fortsetzungen weitermachen.

Besonders groß sind die Erwartungen beim Revival der Mystery-Krimi-Reihe „Twin Peaks“. Seit wenigen Tagen ist bekannt, dass die Showtime-Produktion, die wie das Original aus dem Jahr 1990 von David Lynch und Mark Frost produziert wird, am 21. Mai Premiere haben wird. 25 Jahre nach dem Ende der Serie, die in zwei Staffeln 30 Folgen hatte, und einem weniger geglückten Spielfilm, kehren Lynch und ein Großteil der Schauspieler von damals an die mysteriösen Schauplätze des fiktiven Ortes Twin Peaks im US-Bundesstaat Washington zurück. Vor mittlerweile zweieinhalb Jahren hatte Showtime angekündigt, die Serie für eine dritte Staffel wieder aufleben zu lassen. Seither gab es immer wieder Gerüchte, daraus werde doch nichts, einmal war Lynch an Bord, dann wieder nicht. Seit Samstag ist ein erster Teaser zur Serie heraußen, der wenig bis nichts über Figuren und Handlung der Fortsetzung verrät. Was der Spannung keinen Abbruch tut.


„Star Trek“-Maschine. 2017 wird aber auch das Jahr, in dem ein weiterer Fernsehklassiker zum wiederholten Mal zurückkehrt: Die Sechzigerjahre-Weltraumsaga „Star Trek“ bekommt ein Prequel. Also eine Fortsetzung, die vor der Originalserie angesiedelt ist, nämlich exakt zehn Jahre vor „Raumschiff Enterprise“. Die Rückkehr, die der Sender CBS hier inszeniert – und in weiterer Folge der Streaminganbieter Netflix, der die Serie außerhalb Amerikas vertreiben wird – , ist freilich eine Täuschung. Denn „Star Trek“ war nie weg! Dank diverser Ableger der Originalserie und der insgesamt 13 Kinofilme (der jüngste, „Star Trek Beyond“, erschien 2016) handelt es sich nur um eine weitere Fortsetzung. Die Marketingmaschinerie muss stetig gefüttert werden.

Einen Ableger bekommt auch die 2016 nach sieben Staffeln zu Ende gegangene Serie „The Good Wife“. In „The Good Fight“ spielt die toughe Anwältin Diane Lockhart (verkörpert von Christine Baranski) ab Februar die Hauptrolle (CBS). Und wenn es für eine Fortsetzung nicht mehr reicht, versuchen manche Sender mit beliebten Stars einfach ganz neue Geschichten nach ähnlichem Muster zu erzählen. So spielt zum Beispiel „Breaking Bad“-Hauptdarsteller Bryan Cranston im soeben angelaufenen „Sneaky Pete“ den Bösewicht.

Das Wiederbeleben von Publikumshits gefällt vor allem dem Streaminganbieter Netflix. Ausgerechnet der neben Amazon Prime jüngste Serienproduzent will an alte Erfolge anschließen. Seit Anfang Jänner zeigt Netflix die Sitcom „One Day at a Time“. Das Original aus den 1970er-Jahren ist bei uns kaum bekannt, weil es nie in einer synchronisierten Fassung im Fernsehen lief. Wie damals dreht sich die Handlung in der Neuauflage um eine zweifache Singlemutter, Schauspieler aus dem Original treten nur als Gäste auf, doch das Skript von heute erinnert an jenes von gestern. Die modifizierte Neuauflage kommt an, einige US-Kritiker sind der Meinung, mit „One Day at a Time“ würde das zuletzt etwas eingeschlafene Genre der Sitcoms neu belebt.

Auch in den europäischen Serienmarkt kommt 2017 Bewegung. Es könnte das Jahr der deutschen Produktionen werden. Amazon Prime arbeitet gemeinsam mit dem Publikumsliebling Matthias Schweighöfer an ihrer ersten deutschen Serie, die ab März abrufbar sein wird. In „You Are Wanted“ verkörpert der Schauspieler einen gut situierten Familienvater, der erpresst wird. Auch der Bezahlsender Sky arbeitet an seiner ersten deutschsprachigen Produktion mit österreichischer Beteiligung. Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky ist einer von drei Regisseuren der Science-Fiction-Serie „Acht Tage“. Der Plot: Auf Europa rast ein riesiger Meteorit zu, erzählt werden die angeblich letzten Tage der Menschheit aus der Sicht einer deutschen Familie. Das ganze wird allerdings erst 2018 zu sehen sein. Übrigens, auch Deutschland mag es nostalgisch: Sky arbeitet gerade an der Fortsetzung des deutschen Kriegsfilmklassikers „Das Boot“.

Eine weitere, erfreuliche Entwicklung in den kommenden Monaten ist nicht zu übersehen. Nach Jahren, in denen das Genre vor und hinter der Kamera vor allem von bekannten Männern (Woody Allen und seine erste eigene Serie, Anthony Hopkins in „Westworld“, Mick Jaggers Beteiligung bei „Vinyl“) geprägt wurde, kommen nun die Frauen. Und zwar in großer Zahl.


Frauen auf dem Small Screen. Susan Sarandon und Jessica Lange spielen in der ersten Staffel der neuen Reihe „Feud“ (Sender FX) den wahren Konflikt zwischen den Hollywood-Diven Bette Davis und Joan Crawford nach. Vielversprechend klingt die Besetzungsliste der HBO-Dramedy „Big Little Lies“ (ab 19. Februar auf Sky): Nicole Kidman, Reese Witherspoon, Laura Dern und Zoë Kravitz verkörpern in der Miniserie des „Ally McBeal“-Erfinders David E. Kelley, die auf dem Roman von Liane Moriarty basiert, wohlhabende Mütter in einer Küstenkleinstadt, deren scheinbar perfektes Leben durch einen Mordfall durcheinandergebracht wird.

Gleich mehrere bekannte Schauspielerinnen feiern 2017 ihr Seriendebüt oder wie die Amerikaner dazu sagen: „They are heading to the small screen.“ Drew Barrymore in der Horror-Comedy (ja, das gibt es) „Santa Clarita Diet“ (ab 3. Februar auf Netflix). Julia Roberts in „Today Will Be Different“, der Verfilmung des gleichnamigen Romans der US-Autorin Maria Semple (Leiden und Leben einer überforderten Yoga-Mutter in Seattle).

Julianne Moore spielt an der Seite von Robert De Niro in „Purity“, einer Geschichte nach Bestsellerautor Jonathan Franzen. Und Meryl Streep übernimmt die Hauptrolle in einer weiteren Literaturverfilmung namens „The Nix“. Angeblich hat sie dafür schon jetzt die Gagengrenze für Seriendarsteller durchbrochen. Sie soll 825.000 Dollar kassieren. Pro Folge.

"Sneaky Pete"

Giovanni Ribisi in ''Sneaky Pete''
Giovanni Ribisi in ''Sneaky Pete''(c) Amazon

START: seit vergangenem Freitag.
ANBIETER: Amazon.
PLOT: Ex-Häftling Marius gibt sich als sein Zellengenosse Pete aus – und schleicht sich in dessen Familie ein.

Wie ein Kuckuck sitzt Marius Josipovic (Giovanni Ribisi) in der Serie „Sneaky Pete“ in einem fremden Nest – das er sich allerdings komfortabler vorgestellt hat, als es ist. Eine Alternative gibt es nicht, denn Marius muss nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis untertauchen. Darum nimmt er die Identität seines Zellennachbarn Pete Murphy an. Denn dieser wollte gar nicht mehr aufhören, ihm von den glücklichen Kindertagen vorzuschwärmen, die er irgendwo auf dem Land im US-Bundesstaat New York bei seinen Großeltern verbracht hat, bevor seine Mutter sich mit ihnen zerstritten hat. 20 Jahre ist das her. Wer weiß schon, wie der damals zwölfjährige Pete nun als Erwachsener aussieht? So klopft der gerissene Marius bei Petes Großeltern an und gibt sich als der verschwundene Enkelsohn aus. Aber nicht nur das Grün der Bäume und Wiesen ist in Wirklichkeit fahler als in den Schilderungen des echten Pete, auch die Großeltern sind nicht reich, so wie vermutet. Vielmehr landet der Exhäftling in einer normalen Familie, die darum kämpft, ihren erarbeiteten Wohlstand zu behalten.

Noch dazu ist sie misstrauischer als andere, schließlich ist der Familienbetrieb eine Kautionsagentur: Diese hinterlegt für Angeklagte bei Gericht die Auktion – gegen Gebühr, versteht sich. Taucht einer dieser Kunden jedoch unter, verliert die Agentur viel Geld. Ein risikoreiches Geschäft. „Wir machen Geld, indem wir wissen, wem wir trauen können und wem wir nicht trauen können“, sagt Großmutter Audrey. Von allen Familienmitgliedern scheint sie dem Neuankömmling am wenigsten zu glauben. Oder wieso sonst schimpft sie plötzlich über einen Fuchs, als sie Marius/Pete im Stall bei den Hühnern entdeckt? „Dieser kleine Bastard, der in unser Haus kommt und einfach nimmt, was ihm nicht gehört“, sagt sie und sieht ihrem falschen Enkel dabei prüfend in die Augen.

Man ahnt: Marius spielt gegen die Zeit, denn irgendwann kann er all den Fragen nach seiner Familie und Vergangenheit nicht mehr ausweichen. Egal, wie geschickt die Hauptfigur darin ist, Menschen zu „lesen“, anhand von Körpersprache, Kleidung und Ausdrucksweise einzuschätzen und sich Schwächen zunutze zu machen. Darin gleicht Marius der Hauptfigur aus „Better Call Saul“, dem empfehlenswerten Spin-off von „Breaking Bad“: Auch Jimmy McGill ist ein Meister darin, sein Gegenüber zum eigenen Vorteil auszutricksen. Beide Serien loten die Grenze zwischen Justiz und Gerechtigkeit aus: McGill als Anwalt, Marius, als er zum Wohl seiner neuen Familie hilft, einen flüchtigen Angeklagten zu schnappen. Die Parallelen kommen nicht von ungefähr: „Sneaky Pete“ wurde von David Shore und Bryan Cranston, dem Hauptdarsteller aus „Breaking Bad“, entwickelt. Shore schuf wiederum die Arztserie „Dr. House“, deren Hauptfigur ebenfalls exzellente analytische Fähigkeiten hat.

Genüsslich böse. Cranston selbst spielt in „Sneaky Pete“ eine Nebenrolle, einen genüsslich diabolischen Unterweltboss. Der „Breaking Bad“-Star hat eine große Fangemeinde. Kein Wunder also, dass es einen regelrechten Bieterwettstreit zwischen Kabel- und Streaming-Kanälen um die Serie gab. Aber auch abseits von Cranston versammelt „Sneaky Pete“ einen feinen Cast: neben Hauptdarsteller Giovanni Ribisi (einst Star der Indie-Filmszene), der Marius weder eindeutig sympathisch noch eindeutig unsympathisch wirken lässt, besticht vor allem Margo Martindale als füllige Matriarchin Audrey. Sie bewegte sich schon in der exzellenten Spionageserie „The Americans“ zwischen Ver- und Misstrauen, auch in „The Good Wife“ war sie zu sehen. Martindale ist eine der wenigen Schauspielerinnen, die ihre besten Rollen erst jenseits der 50 spielen.

Den Zuschlag für „Sneaky Pete“ hat Amazon bekommen. Zwar wäre die Serie auch fürs lineare Fernsehen geeignet, denn die Geschichten um die Kautionsagentur lassen eine Jede-Woche-ein-neuer-Fall-Struktur zu. Aber ein Streaming-Anbieter, der die gesamte erste Staffel auf einmal veröffentlicht, passt besser. Denn die Serie wirkt von der ersten Minute an komplex. Man hat den Eindruck, mitten in eine Geschichte geworfen zu werden, in der jede Figur eine lange Vorgeschichte hat. Die Empfehlung lautet daher: alle zehn Folgen am Stück ansehen. HER

"Twin Peaks"

START: 21. Mai 2017. ANBIETER: Showtime, in Österreich kurz darauf bei Sky und Sky Ticket.
PLOT: Mehr als 25 Jahre später kommt die dritte Staffel heraus. Wieder von David Lynch, mit (fast) demselben Cast.

Wie unterscheidet man Serien-Zuschauer-Generationen? Vielleicht am besten so: Für die einen war im Vorjahr „Stranger Things“ das neue „Twin Peaks“. Für die anderen ist es heuer umgekehrt.

Denn am 21. Mai kehrt nach etlichen Verzögerungen der Liebling der Neunziger wieder: „Twin Peaks“, die „Mutter aller Mystery-Serien“. 18 Folgen sind laut Showtime geplant. Geschrieben wurde das Drehbuch vom alten Erfolgsduo David Lynch/Mark Frost. Über den Inhalt weiß man nicht allzu viel, außer dass die Handlung in der Gegenwart spielt und die letzten Tage im Leben der Laura Palmer – bekannt als eine der berühmtesten Fernsehleichen – von Bedeutung sind. Auch ein Wiedersehen mit alten Bekannten wird es geben. Special Agent Dale Cooper alias Kyle McLachlan grüßt aus dem Teaser-Trailer. Für viele plus/minus Vierzigjährige wird dieser 21. Mai ein elektrisierender Moment, auch wenn sie wissen, dass die Enttäuschung um die Ecke lauert. Denn das, was „Twin Peaks“ so aufregend gemacht hat – das Aha-Erlebnis, dass Serien so viel mehr sein können als heile Nachmittagswelt oder US-Dynastie-Drama – ist inzwischen no na.

Allerdings besitzt „Twin Peaks“ die Stärke aller mythischen Geschichten, ob sie nun „Star Wars“ oder „Herr der Ringe“ heißen. „Twin Peaks“ ist eine Welt, die für sich allein existiert. Als Zuschauer ist man da bloß Gast. Wobei „Twin Peaks“ diese Eigenständigkeit weniger einer genial durchdachten Handlung verdankt, sondern eher seiner dichten Atmosphäre, der Nostalgie, die diese ästhetisch heile, aber nie helle Welt schon im Piloten verströmte – und die die Aussicht auf verdammt guten Kaffee und Kirschkuchen im Double R Diner zum Losungswort für den Eintritt in ein vertrautes Paralleluniversum macht. UW

"Star Trek"

''Star Trek'' kehrt zurück
''Star Trek'' kehrt zurück(c) CBS

START: Mai 2017. ANBIETER: in den USA bei CBS, im Rest der Welt bei Netflix.
PLOT: Revival des Weltraumklassikers, spielt zehn Jahre vor dem Original, „Raumschiff Enterprise“.

Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200 . . .“ – Es gibt kaum jemanden, der diese Sätze nicht kennt. Das Intro der Sechzigerjahre-Serie „Raumschiff Enterprise“ ist genauso in unserem Langzeitgedächtnis verankert wie die dazugehörige Melodie. Es ist „faszinierend“, um es mit Spocks Worten zu sagen, dass NBC die Serie nach drei Staffeln (79 Episoden) wegen schwacher Quoten einstellte. Ein „Fail“, würde man heutzutage sagen. Denn „Star Trek“ wurde Kult und zu einem der erfolgreichsten Franchises mit mehreren Kinofilmen und Serien.

Heuer kommt eine weitere dazu: „Star Trek – Discovery“ (CBS). Inhaltlich ist noch wenig nach außen durchgedrungen. Zeitlich ist die Serie eine Dekade vor der Enterprise angesiedelt. Die Erforschung neuer Welten und Zivilisationen steht wohl einmal mehr im Fokus – eingebettet in einen Diversitätsansatz, der dem Franchise seit Beginn innewohnt und fortgeführt wird. Das neue Team führt Sonequa Martin-Green an. Sie wird allerdings nicht, und das ist ungewöhnlich, als Captain, sondern als Number One bezeichnet. Die Afroamerikanerin wirkt derzeit in einer anderen, sehr erfolgreichen Serie mit, und zwar in „The Walking Dead“.

Anthony Rapp spielt den ersten homosexuellen Star-Trek-Lieutenant. Ein extraterrestrisches Wesen darf an Bord nicht fehlen: Verwandlungskünstler Doug Jones (Abe Sapien in den „Hellboy“-Filmen) übernimmt diesen Part. In weiteren Rollen: Michelle Yeoh sowie Shazad Latif als Klingonen-Offizier.

Die erste Staffel von „Discovery“ (13 Episoden) ist ab Mai auf Netflix zu sehen. Die Wartezeit verkürzen kann man sich mit alten „Star Trek“-Folgen. In diesem Fall ist die Floskel keine Übertreibung: Alle 727 (!) Folgen stehen zum Stream bereit. Wie auch „For the Love of Spock“. Die Doku ist, wie könnte es anders sein, „faszinierend“. MTP

"One Day at a Time"

(c) Netflix

START: seit 6. Jänner zu sehen.
ANBIETER: Netflix.
PLOT: Sitcom über eine kubanisch-amerikanische Familie.

Eine Serie aus den Siebzigerjahren, im Heute angekommen. Und wie! In den ersten Minuten beobachten wir Justina Machado als Penelope, wie sie nach Hause kommt, die Einkäufe auf dem Arm, sie ruft ihren Teenagersohn, er soll tragen helfen. Doch der? Rührt keinen Finger. Antwortet nicht einmal. Wie auch, er kann seine Mutter nicht hören, er sitzt am Sofa, den Laptop auf den Knien, und hat Kopfhörer auf.

Es sind zum Teil diese Details aus dem Alltag der kubanisch-amerikanischen Familie, die den Zuschauer sofort verführen, aber noch mehr sind es der Witz („Single?“, fragt der Patient Krankenschwester Penelope hoffnungsfroh, „Single mom“, erkennt er resigniert) und die für eine Sitcom überraschende Art und Weise, wie Konflikte ausgebreitet werden: Wenn das Thema Sexismus aufkommt („old people sexism“ nennt die Tochter gewöhnliche Grapschereien), bekommt man in zwanzig Sekunden alle Fettnäpfchen vorgeführt, in die ein Freizeitfeminist so treten kann. Beim auch in dieser Familie strittigen Thema Religion rührt uns dagegen Oma Lydia (Rita Moreno) als Papstfangirl fast zu Tränen.

Mitverantwortlich für die Serie ist Norman Lear, der schon das in den USA enorm erfolgreiche Original entwickelt hat. Wie damals steht eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern im Mittelpunkt, wie damals gibt es einen Freund der Familie, der gern und oft hereinschneit, für manche Pointe gut ist und von der ganzen Familie nur Schneider gerufen wird. Jedenfalls liefert Lear den Beweis, dass eine klassische Sitcom in Zeiten, da wir von tragikomischen Serien wie „Transparent“ oder „One Mississippi“ verwöhnt sind, noch funktionieren kann. Trotz Gelächterkulisse. Und obwohl sich Justine Machado über so manchen Gag selbst zu amüsieren scheint – sogar gerade deshalb. BEST

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.