Vom Fake-Sie zum praktischen Ihr

Im „Zentrum“ wurde erstmals von Claudia Reiterer moderiert.
Im „Zentrum“ wurde erstmals von Claudia Reiterer moderiert.(c) ORF (Hans Leitner)
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Claudia Reiterer war bei ihrem Einstand als Moderatorin von „Im Zentrum“ mit ihren Gästen per „Ihr“. Das wird sich wohl durchsetzen.

Zunächst wollen wir mit zwei populären Irrtümern aufräumen. Erstens: Siezen ist nicht höflich, es zeugt auch nicht von Respekt. Man siezt, um auf Abstand zu halten oder weil man auf Abstand gehalten wird, als solches ist das „Sie“ freilich eine nützliche Einrichtung. Der zweite Irrtum: Dass das Siezen, wenn es schon selbst nicht Ausdruck von Höflichkeit ist, zumindest vor Unhöflichkeiten bewahre. Man erinnere sich an Joschka Fischer und sein „Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch“. Wäre Herr Fischer mit Herrn Stücklen per Du gewesen – niemals wäre ihm das „Arschloch“ über die Lippen gekommen. Aber garniert mit einem antiquierten „Verlaub“, einem distanzierten „Sie“ und einem formvollendeten „Herr Präsident“ wurde es zitabel.

Immerhin kann man davon ausgehen, dass Fischer und Stücklen wirklich per Sie waren, das ist in der österreichischen Politik nicht immer der Fall: Klar, im Parlament und vor laufenden Kameras gibt man sich seriös. Aber mit der Krawatte werden oft auch die Umgangsformen gelockert, man kennt einander ja, vielleicht besser, als einem lieb ist; besser jedenfalls, als es den Zuschauern lieb ist: Als sich Faymann und Spindelegger für das Fernsehduell 2013 vom Fake-Sie verabschiedeten, kam das gar nicht gut an.

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