Journalismus: Hoffnung in der „Todesspirale“

(c) AP (Bernd Kammerer)
  • Drucken

Zeitungen werden deutlich teurer, die Leser werden weniger, meinen Experten.

Gibt es eine „Zukunft des Journalismus“? Diese Frage stellten sich Experten bei einer von „Presse“-Innenpolitik-Chefin Martina Salomon moderierten Tagung der US-Botschaft und des Kuratoriums für Journalistenausbildung im Amerika Haus in Wien. Dort zeigte sich Rick Edmonds vom Poynter-Institut für den krisengeschüttelten US-Zeitungsmarkt optimistisch: „Ich sehe eine Zukunft, in der traditionelle Medien eine Rolle haben werden, wenn auch eine kleinere Rolle – und sie werden natürlich viel teurer.“ Die durch die Krise notwendig gewordenen Einsparungen würden den Printmedien in Zukunft nützen – vorausgesetzt, es werde in neue Technologien investiert.

Genau dort sieht Christoph Fasel von der Hochschule Calw den „größten Fehler“, den die Branche begangen habe: „Qualitätsjournalismus im Internet gratis zu verschleudern“. Guter Journalismus koste eben Geld: „Wir brauchen ihn, also sollten wir dafür einen fairen Preis bezahlen.“ Bis 2025 werde die Reichweite der Tageszeitungen auf 25Prozent sinken, ist er überzeugt – dafür werden sie teurer werden.

„Wer spart, verliert Leser“

Fasel hält die derzeitige Lage nicht für eine Medienkrise, sondern für eine „Medienfinanzierungskrise“. Die logische Folge der dadurch begründeten Einsparungen führe jedoch zum Verlust an Qualität, warnte er. Einfache Kostenreduktion gehe auf Kosten der Qualität und führe in die „Todesspirale des Journalismus“: „Wer an Recherche spart, verliert Leser. Wer an Kompetenz spart, verliert Interesse. Wer an Unabhängigkeit spart, verliert das Vertrauen der Leser.“

Heute würden Journalisten nicht mehr für die Datenbeschaffung bezahlt – das kann man weitgehend im Internet erledigen –, sondern für Selektion und Präsentation dieser Daten. Kritisch äußerte sich Fasel über Blogs, Twitter und Leser-Reporter („citizen journalism“): Diese neuen Kanäle würden zur „Deprofessionalisierung der Kommunikation“ führen. Zum Vergleich nannte Fasel zwei drastische Beispiele: Man würde sich ja auch nicht von einem „Bürgerpiloten“ nach Mallorca fliegen oder von einem „Bürgerchirurgen“ operieren lassen wollen. awa

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.11.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.