Sandmännchen feiert Geburtstag: "Nun schnell ins Bett..."

(c) AP (Sven Kaestner)
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Am Sonntag feiert das beliebte Sandmännchen mit großem Trara seinen 50. Geburtstag. Es entstand aus einem Wettstreit zwischen Ost- und Westdeutschland.

Wer sitzt denn da in dem Lieferwagen, der vor dem Spielzeugladen geparkt ist, mitten in der Nacht am Steuer? Das Sandmännchen ist's, in Lebensgröße. Als ob es vor dem Berliner Geschäft wachen würde, über seine vielen Brüder, die sich dort in allen Größen in der Auslage tummeln. Neue und alte Ware gibt es hier, auch eine DDR-Spezialabteilung mit vielen Kultobjekten, die teils unverkäuflich sind.

Heute feiert das Sandmännchen seinen 50.Geburtstag. Es scheint, als hätten die Jahrzehnte keine Spuren hinterlassen. Nicht gealtert, immer noch attraktiv für müde Kinder. Auf den Berliner Spielplätzen kann das Treiben noch so bunt sein, das Wetter noch so schön: Gegen 18.30Uhr, wenn die Sandmännchen-Sendung naht, geht die unverkennbare Geschäftigkeit los: Da packen alle Eltern zusammen und locken ihre Kleinen nach Hause vor den Fernsehschirm. Geschichten werden erzählt, Reisen unternommen, das vertraute Liedchen gesungen – dann streut der Sandmann den Kindern Sand in die Augen – und ab ins Bett. Wenn's wahr ist...

Wettstreit zwischen Ost und West. Die beliebte Trickfilmfigur war einst das Produkt des Wettstreits zwischen Ost und West. Als der Sender Freies Berlin (SFB) 1959 die ersten Folgen des Sandmännchens drehte, wurde die DDR, wo schon seit einem Jahr der Abendgrußim Fernsehen lief, aktiv und schuf blitzschnell ihr eigenes Sandmännchen. Von 1959 bis 1990 gab es drei verschiedene Sandmännchen in den TV-Sendern des geteilten Deutschlands, die jedoch einiges gemeinsam hatten. Sowohl in Ost als auch in West wurde das Sandmännchen jeweils als kleiner Mann mit weißem Bart und Zipfelmütze dargestellt, so manches Kind in der DDR sah jeden Abend erst das eine, dann das andere Sandmännchen. Im Zuge der Wende wurde das DDR-Sandmännchen 1990 eingestellt, doch nach Protesten von Eltern und Kindern nach kurzer Zeit wieder ins Programm genommen. Ab 1991 setzte man nur noch die Ost-Version fort.

Sehnsucht nach der Kindheit mischt sich mit Ostalgie: Wie viele Relikte aus der DDR, etwa das berühmte Berliner Ampelmännchen, hat das Sandmännchen heute Kultstatus. Sowohl die Sendung als auch die Figur, die nunmehr selbst Kindergeschirr, T-Shirts, Musikhefte ziert: „Musizieren mit dem Sandmännchen“ – und zwar Ostmelodie und -text. „Kinder, liebe Kinder, es hat mir Spaß gemacht! Nun schnell ins Bett und schlaft recht schön, dann will auch ich zur Ruhe geh'n. Ich wünsch euch gute Nacht.“


Betthupferl und Mozart. Auch in Österreich gab es die Figur, aber statt des Sandmännchens kam das „Betthupferl“ zu den Kindern, zu Mozarts Klaviersonate in A-Dur, KV 331, 1. Satz.

Am heutigen Sonntag wird der 50.Geburtstag der beliebten Zipfelmützenfigur in Deutschland mit zahlreichen Sondersendungen gefeiert. Zeitreisen durch die Geschichte des Sandmännchens, ein Blick hinter die Kulissen: Träume, Tricks und Technik, Geburtstagsshow. Herzlichen Glückwunsch! Vielleicht werden Kinder im deutschsprachigen Raum ja noch die nächsten 50 Jahre mit dem Sandmännchen verbringen. Was die DDR war, wissen freilich schon heute die meisten nicht mehr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2009)

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