Sitcom "Catastrophe": Wie herrlich erwachsen

(c) Amazon/ Tim Bret Day
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In der britischen Beziehungs-Sitcom mit dem Titel „Catastrophe“ haben dramatische Ereignisse eben nicht unbedingt dramatische Folgen. Auf Amazon.

Gegen Ende der ersten Staffel küsst Rob die Freundin seiner Braut. Das heißt: Eigentlich küsst sie ihn, er wird überrumpelt. Er wollte sich nur versöhnen, nach diesem spektakulär verunglückten Abendessen und der noch verunglückteren Diskussion darüber, ob man mit Walnüssen Prostatakrebs heilen kann! Also läuft er davon, quer durch den Park, so hektisch ist er, dass er dabei auch noch auf dem nassen Herbstlaub ausrutscht. Zu Hause erzählt er nichts, zu peinlich das alles. Blöd nur: Die Freundin seiner Frau ist nicht ganz so diskret.

In fast allen anderen Beziehungsserien würde solch eine Szene den Auftakt zu zahllosen Missverständnissen bilden. Diesen Missverständnissen würden je nachdem tragische oder komische Verwicklungen folgen und schließlich – fast – die Trennung. Und als Zuschauer säße man genervt vor dem Bildschirm bzw. Fernseher und würde den Protagonisten zurufen: „Also echt jetzt. Du da, hör ihm zu! Du da, erklär ihr das endlich. Und nur weil sie sagt, dass du den Mund halten musst, heißt das nicht, dass du den Mund halten musst!“

Wie kann man nur so blöd sein.

Hier ist die Sache dagegen in wenigen Sekunden erledigt: Sie könne ihm nicht mehr vertrauen, erklärt Sharon. Und als er betroppezt dreinschaut, wie nur Rob Delaney betroppezt dreinschauen kann, mit niedlichen Augen und einem gar nicht dazupassenden massiven Kinn, lacht sie: Ach was, nur ein Scherz, alles gut.

Wie herrlich komisch erwachsen.

Nicht gerade romantisch

„Catastrophe“ von Sharon Horgan und Rob Delaney, die diese Serie entwickelt haben und gleichzeitig die Hauptfiguren spielen (wie Lena Dunham bei „Girls“ oder Phoebe Waller-Bridge bei „Fleabag“ oder Laura Dern und Mike White bei „Enlightened“, lauter ebenfalls herausragende Serien), handelt eben keineswegs von einer Katastrophe. Die Serie zeigt eher, wie man aus dem, was andere für eine Katastrophe halten würden, etwas ganz anderes macht: eine ziemlich passable Liebesbeziehung zum Beispiel.

Tatsächlich sind die Grundvoraussetzungen nicht gerade romantisch: Die beiden lernen sich kennen, als der Amerikaner Rob geschäftlich in London zu tun hat, sie haben ein paar Tage lang großartigen Sex, aber so nahe, dass einer der beiden das Verlangen nach weiterem Kontakt hegen würde, kommen sie sich dabei auch nicht. Als längst wieder der Ozean zwischen ihnen liegt, entdeckt sie: Sie erwartet ein Kind! Und weil erstens Sharon 41 ist, wer weiß, denkt sie, vielleicht ist das die letzte Gelegenheit, und weil zweitens Rob der Idee, Vater zu werden, auch nicht abgeneigt ist und weil drittens der Sex wirklich echt super war, entscheiden sich die beiden, es miteinander zu versuchen und das Kind zu bekommen.

Mutig. Und Mut brauchen sie auch weiterhin, da ist der PAP-Test mit der nicht ganz so günstigen Prognose, da ist die Gefahr, das Kind könnte das Downsyndrom haben – aber irgendwie bekommen die beiden das hin, auch wenn er sie noch die längste Weile unter „Sharon London Sex“ im Handy gespeichert hat. Weil die meisten Menschen eben doch alles Mögliche hinbekommen, nicht perfekt, keineswegs, aber das ist ja das Komische. Wer braucht ob all der alltäglichen Schwierigkeiten die sinnlose Aufregung über einen bedeutungslosen Kuss?

Dazu kommen großartige Nebendarsteller wie Carrie Fisher als Robs abwechselnd passiv und aktiv aggressive Mutter. Sie starb kurz nach den Dreharbeiten. Die letzte Folge der dritten Staffel ist ihr gewidmet.

Amazon zeigt „Catastrophe“ seit 4. August, alle drei Staffeln sind verfügbar. Produziert wurde die Serie von Channel 4, nachdem die BBC kein Interesse gezeigt hatte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2017)

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