"Tatort" Dortmund: Ein Bergleute-Drama im tristen Ruhrpott

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In "Zorn" ermitteln die Kommissare Faber und Bönisch im Mordfall an einem ehemaligen Bergmann: Ein mit Themen überfrachteter Fall, der zu viel will, als dass er einem nahe gehen könnte.

Unsere Wertung für diesen "Tatort":

5 von 10 Punkten

Worum geht's in "Zorn"?

Ein ehemaliger Bergbau-Kumpel ist tot. Er wurde von hinten erschossen, nachdem er sich bis zuletzt für die Interessen der durch die Zechen-Schließung arbeitslos gewordenen Kollegen eingesetzt hatte. Doch die sind keine eingeschworene Gemeinschaft. Es gibt Streit zwischen Eheleuten, Zwist zwischen ehemaligen Freunden und Kollegen und Uneinigkeit, wie es mit der stillgelegten Zeche weitergehen soll.

Worum geht‘s noch?

Kritik am Sozialsystem - da hausen ehemalige Bergleute im Wohnwagen und sogar die Hauptkommissarin Bönisch hat Probleme, ärztliche Hilfe zu bekommen (erst hat sie nach zwei Stunden im Wartezimmer aufgegeben, dann kriegt sie beim nächsten Arzt erst einen Termin in sechs Wochen). Es geht um die Überarbeitung aller, die noch einen Job haben (außer Ermittler-Neuling Pawlak) - Bönisch ätzt einmal in Richtung ihres Kollegen Faber: "Sie machen sich fertig, bis es für die Klapse reicht." (Wenigstens gurgelt er in der Früh mit Mundwasser, wenn er schon nicht daheim schlafen will.) Es geht um den Zickenkrieg der beiden Nachwuchs-Ermittler - "Soll ich ihn rausschmeißen?", fragt Faber die Kollegin Dalay, als sie sich wieder mal über Pawlak beschwert, "wenn sie damit leben können, zieh ich's durch" - als sie verneint sagt er: "Dann hören Sie auf zu jammern - und nicht immer so griesgrämig gucken, das macht Falten." Na bei so einem Arbeitgeber möchte man doch gerne anheuern...

Wer ermittelt im "Tatort: Dortmund"?

Es sind zu viele. Die Alten - Hauptkommissar Peter Faber (Jört Hartmann) und Kollegin Martina Bönisch (Anna Schudt) - wirken zunehmend ausgelaugt. Im aktuellen Fall kann Schudt am Anfang kaum gehen vor Rückenschmerzen - immerhin birgt es eine gewisse Ironie, dass ihr ausgerechnet ein Reiki-Guru mit Chakren-Arbeit helfen kann. Faber ist sowieso ständig mit seinem Trauma (den Verlust von Frau und Kind) beschäftigt - ein verbitterter Typ, der seinen inneren Schmerz mit Sarkasmus tüncht. Und dann sind die die Jungen: Oberkommissarin Nora Dalay (Aylin Tezel) zickt den neuen ERmittler Jan Pawlak (Rick Okon) an, weil der nicht wie sie bis zur Aufopferung im Beruf steht, sondern mit Hinweis auf die Familie auf seine Work-Life-Balance schaut. Ein Team sind die beiden noch lange nicht. Weshalb auch Dalay die vorherrschende Emotion dieser Episode gut kennt: den Zorn.

Was gefällt?

Verzweifelte Bergarbeiter, die ihren Job verloren haben, weil die Zechne geschlossen wurde und in einen Erlebnispark umgebaut werden soll. Das schaut auf den ersten Blick aus wie ein uns Österreichern fremdes Thema - der Ruhrpott ist weit - kann aber als Metapher für niedergehende Betriebe, Arbeitslosigkeit, Identitätsverlust ganzer Städte verstanden werden. "Die wollen einen scheiß Freizeitpark draus machen - die haben mir einen Job in der Geisterahn angeboten", brüllt einer der Verzweifelten, die unter die Räder kommen. Dass ein Job bei der Geisterbahn zumindest nicht schlechter sein muss, als täglich unter Tage zu schuften, kommt ihm gar nicht in den Sinn. Denn wer hart arbeitet, hat auch seinen Stolz. Und wenn der gebrochen wird, dann kommt etwas Neues hoch: Zorn.

Wo hakt's?

Es geht um viel. Um viel zu viel. So viele Themen, die einen packen sollen - da geht einem letztlich nichts mehr wirklich nahe, weil nichts in die Tiefe führt. Ein Ehebruch-Fall zwischen alten Kumpels. Eine Arbeitslosen-Saga um die geschlossenen Zechen des Ruhrpotts. Eine zwielichtige Psychologin des Verfassungsschutzes. Chaos im Ermittlerteam (hier macht jeder, was er glaubt). Ach ja: Und ein Reichsbürger treibt hier auch sein Unwesen. Und dann ist da noch immer wieder Fabers Trauma: Am Rande ist auch Markus Graf wieder einmal ein Thema, der die Familie des Kommissars ausgelöscht haben soll. Faber wirkt, kaum ist von Graf die rede, wie gelähmt. Der Zuschauer ist es auch. Liebe Drehbuchautoren: Könnt Ihr dem Drama dann entlich ein Ende machen? So oder so!

"Tatort: Zorn", am Sonntag um 20:15 Uhr in ORF 2

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