20 Jahre Drüberreden: Zwei Stunden Maschek im ORF

Clemens Fabry
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In seinem Jubiläumsprogramm blickt das Synchronisationstrio heute, Dienstag, zurück auf 20 Jahre Politik- und Fernsehgeschichte.

Entstanden ist die Idee 1999 im Flex, als Peter Hörmanseder, Ulrich Salamun und Robert Stachel am Abend der Nationalratswahl ein Rahmenprogramm gestalteten. „Wir haben den Live-Ton abgedreht und die Elefantenrunde stimmlich übernommen“, so Salamun. Seither haben Maschek mit ihrer kabarettistischen Kunst des „Drüberredens“ acht Bundesregierungen persifliert.

Die Jubiläumsshow zum 20er, die ORF 1 in zwei Teilen zeigt (Teils eins: heute, 22 Uhr), geht Jahr für Jahr in Rückblenden durch und deckt Schwächen der Politiker auf.

Seltsam wohliger Nostalgieschauer

Wenn Maschek die mittlerweile zwanzig Jahre ihrer Karriere aufrollen, dann ist das nicht nur ein Rückblick auf zwanzig Jahre politische Satire, sondern auch auf zwanzig Jahre Politik- und Fernsehereignisse, die sich im kollektiven österreichischen Gedächtnis eingenistet haben und bei neuerlicher Sichtung via Maschek-Bearbeitung einen seltsam wohligen Nostalgieschauer hervorrufen. Jö schau: Van der Bellen als deutlich jüngerer Kandidat bei der Nationalratswahl 1999! ORF-Moderator Hans Bürger, der in der Maschek-Synchronisation stolz auf sein tiefschwarzes Haar hinweist! Und Thomas Klestil, der den Antrag eines minderjährigen Sebastian Kurz, einen Verein namens „Neue Volkspartei“ zu gründen, brüsk abweist: „Der soll wiederkommen, wenn er geschäftsfähig ist!“

„20 Jahre Drüberreden“ heißt das Jubiläumsprogramm der TV-Synchronisatoren, das durch die Bundesländer tourte und nun im Fernsehen läuft. Die drei Herren, die zwischendurch nur zwei waren, zeigen darin ein Best-of ihrer Clips – und verstehen es, den Charme einer solchen Rückblende (so altmodisch sah das ORF-Wahlstudio noch vor 15 Jahren aus?) mit dem Biss der nachträglichen Umdeutung zu verbinden: „Sie werden noch ein Fall für die Justiz“, muss sich Karl-Heinz Grasser da bei seiner Angelobung zum Finanzminister etwa anhören. Und Maschek schaffen es sogar, dem alten Schmäh über die Jugend des Bundeskanzlers (den sie selbst allzu oft bemühen) neue Facetten abzuringen: In einer Szene aus „Malcolm Mittendrin“ raufen zwei Brüder, der ältere nennt sich Django, der jüngere (im Original der so niedliche wie manipulative Dewey, der sich gern Gegenstände in die abstehenden Ohren steckt) Sebastian.

Doch auch alle anderen Figuren bekommen bei diesem politmedialen Schnelldurchlauf ihr Fett ab, zuletzt etwa die neue SPÖ-Vorsitzende und Ärztin Pamela Rendi-Wagner: Der Hippokratische Eid habe sie verpflichtet, die strauchelnde Partei zu übernehmen, sagt sie – immerhin müsse man „helfen, wenn wer sterbend am Boden liegt“. Manche Teile des Programms sind aus „Willkommen Österreich“ oder durch Youtube bekannt – die jüngeren zumindest, ist die Truppe doch schon länger aktiv, als es die Plattform überhaupt gibt.

Es begann mit einem Dia-Vortrag

Begonnen haben Peter Hörmannseder, Robert Stachel und Ulrich Salamun 1996 mit einer satirischen Webseite, ihr Bühnendebüt (das nun gefeiert wird) gaben sie 1998 mit abstrusen Dia-Vorträgen in einem kleinen Wiener Vereinslokal. Ihre Stammdisziplin, das Neusynchronisieren von Fernsehbildern, begann aber erst ein Jahr später: Am Wahlabend des 3. Oktober 1999 wurde im Flex der ORF-Ton abgedreht und Maschek vertonten improvisierend die Runde der Spitzenkandidaten. Ab 2002 gestalteten sie einen monatlichen TV-Rückblick im Rabenhoftheater, 2005 landeten sie bei „Dorfers Donnerstalk“, 2012 bei „Willkommen Österreich“.

Böser Spott trifft bei Maschek auf intelligente Satire, herrlicher Blödsinn auf politische Inhalte. Ihre besten Momente sind auch im Best-of-Programm jene, in denen das Drüber-Reden im doppelten Wortsinn zutrifft: Wo nicht nur Figuren des öffentlichen Lebens neue, lustige Dinge in den Mund gelegt werden, sondern benannt wird, was die Bilder zeigen (könnten): Sei es, dass sich Ingrid Thurnher über einen flimmernden Monitor im Hintergrund beschwert oder Heinz Fischer (der sich in einem anderen Clip als "Kirschentiger" outet) sich vermeintlichen Taubenkot vom Sakko putzt.

Wenn Abgeordnete was aushecken

Maschek decken eine alternative Realität auf. Aus Politikern werden dann simple Menschen mit Schwächen, aus staatstragenden Reden persönliche Erklärungen über die kleinen und großen Nöte des öffentlichen Lebens. Und wenn alle Abgeordneten gemeinsam wie eine in ihrer diebischen Freude vereinte Schulklasse daran werken, den nervigen Nationalratspräsidenten zum Einschlafen zu verführen, dann freut man sich richtig, wenn ihr kleiner Streich aufgeht.

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