ORF-Wissenschaft: „Nicht die Kanzel für Religionen"

ORFWissenschaft Nicht elektronische Kanzel
ORFWissenschaft Nicht elektronische Kanzel(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Der ORF-Doppelabteilungsleiter für Religion und Wissenschaft, Gerhard Klein, über seine Zukunftspläne im neuen Großressort und „Bewusst Gesund", in der Stiftungsrat Siegfried Meryn als Gast auftritt.

Seit Mitte Juli hat der ORF einen neuen Leiter der Wissenschaftsabteilung. Gerhard Klein dirigiert nun die 32-köpfige Abteilung und weiterhin zusätzlich das Ressort Religion mit 17 Mitarbeitern. Die Doppelführung hat im Sommer vor allem in der Wissenschaftscommunity Kritik ausgelöst, die sich besorgt zeigte, dass die Wissenschaft im ORF zu kurz kommen oder gar unter religiösem Einfluss stehen würde.

Am Dienstag sagte Klein, der seit 22 Jahren ORF-Mitarbeiter ist, einst unter Michael Kehlmann Redakteur in der Abteilung Fernsehfilm war und seit 13 Jahren die Abteilung Religion leitet, dass er mit diesen Vorwürfen nicht gerechnet hatte. Wissenschaft und Religion würden beide weiterhin „in vollem Umfang" beibehalten, wenn es nach ihm gehe sogar ausgebaut. Und auch wenn sie in der Administration (ein Sekretariat) zusammengelegt würden, schon bisher Tür an Tür in einem Gang am Küniglberg untergebracht waren, bleiben sie redaktionell getrennt. Das sei auch beim Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) und beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) so, die Konstruktion sei also keineswegs ein österreichisches Spezifikum, wie die Sprachwissenschaftlerin Ruth Wodak das vor einigen Wochen kritisierte. Klein erhofft sich allerdings durchaus einen „Know-How-Transfer", den es zum Teil schon bisher bei Sendungen für „Kreuz & Quer" gegeben haben.

Der Grund für die Zusammenlegung der Abteilung ist klar: der ORF muss sparen und muss so einen Hauptabteilungsleiter weniger zahlen. Klein weiß aber, dass sich die Doppelführung auf die Art seiner Arbeit auswirken wird. „Die einzelnen Sendungsverantwortlichen werden mehr Verantwortung bekommen. Ich kann nicht mehr bei jeder Sendung dabei sein." Zum Vorwurf der Vermischung von Religion und Wissenschaft sagt er, man müsse scharf zwischen Religion und Religionsjournalismus unterscheiden. „Wir stellen den Religionen keine elektronische Kanzel zur Verfügung. Vielmehr beobachten wir die Vorgänge in den Kanzeln dieser Welt und fragen nach der Befindlichkeit des Bodenpersonals."

25 Minuten „Bewusst gesund"

Gerhard Klein will der Schiene „Menschen & Mächte" ein schärferes Profil verleihen. „Bisher hatte da viel Platz, auch Königshäuser, die werden da nicht mehr stattfinden". Bereits fix sind Sendungen über Bruno Kreisky (für die Regisseurin Helene Maimann mit Zeitzeugen wie Henry Kissinger und Helmut Schmidt gesprochen hat), 25 Jahre nach Tschernobyl und zehn Jahre nach 9/11. Er habe aber „leider nur zwölf Termine am Donnerstag um 21 Uhr." So sei der fehlende Sendeplatz generell sein größtes Problem. Er wünsche sich eine wöchentliche gesellschaftspolitische Dokuleiste. „Da haben wir derzeit aber keine Chance, das weiß ich". Auch über die Änderung des Sendungsnamens „Menschen & Mächte" wird derzeit diskutiert.

Dafür sei ihm nun „ein neues Gesundheitsmagazin in den Schoss gefallen". „Bewusst Gesund" startet am 13. November und wird wöchentlich am Samstag um 17.05 Uhr auf ORF 2 ausgestrahlt und von Ricarda Reinisch moderiert. Reinisch sagt: „Wir wollen gemeinsam mit unserem Publikum das große Thema Gesundheit abstecken". Schon jetzt würde sie sehr viele Zuschriften von Sehern bekommen. Neben ihr und Gerhard Klein, die seit August am Sendekonzept von „Bewusst Gesund" arbeiten, werden rund 10 Mitarbeiter des ORF involviert sein. Barbara Stöckl und ihre Firma „KIWI" werden die Sendung produzieren. Dass die Gesundheitssendung nun zum Ressort „Bildung/Zeitgeschehen und Religion" gehört, wie es korrekt heißt, ist auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar. Diese Einteilung sei historisch gewachsen, Gesundheitssendungen hätten bislang immer zur Wissenschaft gehört. Dabei ist der ORF geblieben, auch wenn die Wissenschaft nun einen anderen offiziellen Namen bekommen hat.

Der Wiener Internist Siegfried Meryn wird regelmäßig in „Bewusst Gesund" als Experte zu Gast sein. Das obwohl er in den ORF-Kontrollgremien Publikumsrat und Stiftungsrat sitzt. Klein sieht da keine Unvereinbarkeit, auch weil Meryn für seine Auftritte und seine Position als Chef des ORF-Gesundheitsbeirates „keinen Groschen" bezahlt bekommen würde. Zudem sei er sehr telegen. „Finden Sie einmal einen, der das so gut macht", sagt Klein.

Die Umstellung der Sendung „Newton" von einem moderierten Format zu einer Dokumentation habe sich „offenbar bezahlt gemacht: die Quote ist leicht angestiegen", sagt Klein. Die Wissenschaftsredaktion des ORF beliefert zudem die „Zeit im Bild" mit rund 600 bis 700 Beiträgen pro Jahr (zwei bis drei pro Tag). Der langjährige Wissenschaftsredakteur Gerhard Roth wird künftig „bei Bedarf wichtige Themen in der ZiB kommentieren", so Klein.

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