ORF-Ethikrat plant Facebook-Regeln für Redakteure

ORFEthikrat plant FacebookRegeln fuer
ORFEthikrat plant FacebookRegeln fuer(c) DiePresse.com (Daniel Breuss)
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Eine leitende ORF-Journalistin deklarierte sich auf Facebook als Unterstützerin von Rot-Grün und gegen die FPÖ. Der Ethikrat soll solche Fälle künftig regeln.

Der neue ORF-Ethikrat, der über den kürzlich beschlossenen Verhaltenskodex für ORF-Journalisten wacht, hat die sozialen Netzwerke entdeckt: In einer seiner ersten Amtshandlungen will er sich mit politischen Äußerungen von ORF-Journalisten auf Facebook und Co auseinandersetzen. Das kündigte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz an. Anlassfall: Brigitte Handlos, Chronik-Ressortleiterin der Fernsehinformation, war auf Facebook politischen Gruppen beigetreten und hatte damit für interne Diskussionen gesorgt.

Die Journalistin, die im ORF immer wieder auch für höhere Weihen gehandelt wird, war zuletzt etwa in den Fanseiten von "Ja, ich will: Rot-Grün für Wien!" oder "Rot-Grün für Wien! Alles andere ist Schwachsinn" vertreten, ebenso wie auf FPÖ-"kritischen" Facebook-Portalen. Die Namen der Anti-FPÖ-Gruppen, bei denen die Redakteurin auf Facebook auf "Like" geklickt hat: "Kann dieser Ziegelstein mehr Freunde haben als H.C. Strache?" heißt eine prominente Facebook-Gruppe, bei der auch Handlos zuletzt verzeichnet war. Außerdem war sie Mitglied von "Kann dieser Bärenjude mehr Fans haben als Barbara Rosenkranz Wähler?" (Der "Bärenjude" ist eine fiktive satirische Figur aus dem Film "Inglourious Basterds", Anm.). Daneben war sie auch auf der Fanseite von Bundespräsident Heinz Fischer Mitglied.

Demonstrative öffentliche politische Sympathieerklärungen mit Bild, Namen oder Unterschrift sind ORF-Journalisten in dem Verhaltenskodex, der im April von ORF-Generaldirektion und Redakteursrat beschlossen und im Mai vom ORF-Stiftungsrat abgesegnet wurde, untersagt. Ob dies auch für parteipolitische Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken gilt, ist aber anscheinend nicht klar geregelt.

Zur Recherche zulässig

Handlos selbst wollte zu ihrem Facebook-Profil keine Stellungnahme abgeben. Ihre Mitgliedsseite ist seit kurzem nur mehr für "Freunde" einsehbar. Im ORF will man die Aktivitäten nicht bewerten. Facebook sei grundsätzlich ein privates Netzwerk. Die Beurteilung der Öffentlichkeit hänge unter anderem von der Anzahl der Facebook-"Freunde" und den Privatsphäre-Einstellungen ab. Mitgliedschaften bei Fangruppen zu Recherchezwecken müssten jedenfalls zulässig sein, es sollte aber nicht der Eindruck entstehen, dass öffentlich politisch Stellung bezogen wird, so die offizielle ORF-Linie.

"Frau Handlos leistet als Leiterin des ZiB-Chronik-Ressorts ausgezeichnete journalistische Arbeit. Der konkrete Fall ist ein Grenzfall, den sich der neue Ethikrat anschauen und entsprechende Regeln aufstellen sollte", erklärte ORF-Chef Wrabetz. Er ist nach der Abwahl Elmar Oberhausers auch als Informationsdirektor direkt für die ORF-Journalisten zuständig.

"Es geht um das Spannungsverhältnis zwischen Meinungsfreiheit und journalistischer Unabhängigkeit", meint Wrabetz. "Es gibt die Regeln aus dem ORF-Gesetz und es gibt die Ethik-Kodex-Bestimmungen. Es besteht nicht nur die Pflicht zur Unabhängigkeit, unsere Redakteure sollten sich auch offensiver Aufrufe zur Meinungsäußerung enthalten. Ich kann aber Redakteuren auch nicht die freie Meinungsäußerung gegenüber Freunden verbieten. Die Frage ist: Wo fängt in sozialen Netzwerken die Grenze an?"

Ob das Facebook-Verhalten der ORF-Journalistin im Einklang mit den Regulativen für öffentlich-rechtlichen Journalismus war, wollte Wrabetz nicht beurteilen. "Es ist jedenfalls klug, solche Meinungsäußerungen nur privat zugänglich zu machen", so der ORF-Generaldirektor.

Der unabhängige ORF-Stiftungsrat Franz Küberl verwies darauf, "dass ein ORF-Journalist in erster Linie schon darauf achten muss, dass er keine Handlungen setzt, die seine Unabhängigkeit gefährden". Küberl weiters: "Gescheiter ist es schon, wenn man sich nicht parteipolitisch festlegt, aber es ist natürlich schon klar, dass der ORF kein Kloster ist." Allerdings seien solche Aktivitäten im Web 2.0 im kürzlich erst beschlossenen Verhaltenskodex nicht explizit geregelt, betonte auch der Caritas-Präsident.

Mit Verhaltensregeln für die ORF-Stiftungsräte beschäftigt sich am Mittwoch die wiederbelebte Arbeitsgruppe Corporate Governance, die von Küberl geleitet wird.

(APA)

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