Skandal um "Schwer verliebt": Alles nach Drehbuch?

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Skandal Schwer verliebt Alles(c) Sat.1
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Die Kuppelshow "Schwer verliebt" gerät zunehmend in die Kritik. Kandidatin Sarah fühlt sich vorgeführt und erhält mediale Unterstützung. Auch der "Super-Nanny" soll die TV-Realität zu inszeniert sein.

Wie viel von "Reality-TV"-Formaten ist echt und wie viel folgt einem Drehbuch? Zwei Fälle, die in der Medienszene derzeit Wellen schlagen, geben Aufschluss über diese Frage. Zum einen ist da "Die Super Nanny" auf RTL. Nach sieben Jahren Laufzeit wird die Sendung mit der Pädagogin Katharina Saalfrank auf RTL eingestellt. Grund dafür soll sein, dass der Sender die erzieherischen Inhalte der "Super Nanny" massiv in den Hintergrund gedrängt habe, berichtet der "Spiegel" und zitiert aus einer E-Mail Saalfranks. Diese Umgewichtung sei wohl der Entwicklung des medialen Markts hin zu inszenierter Realität nach Drehbuch geschuldet, meint die Pädagogin. RTL weist die Vorwürfe zurück. Zum anderen gerät die Kuppelshow "Schwer verliebt" auf Sat.1 zunehmend in die Kritik.

In "Schwer verliebt" begleitet Moderatorin Britt Hagedorn (nach dem Konzept von "Bauer sucht Frau") mehr oder weniger übergewichtige Singles bei der Partnersuche. Eine der Kandidatinnen fühlt sich vorgeführt und will die Sendung stoppen. Die 27-jährige Kandidatin Sarah aus Rheinland-Pfalz wurde in dem Format als eine Frau gezeigt, die ihre sexuellen Fantasien mit Barbie-Puppen nachspielt. Zu einem der zwei Männer, die sie kennenlernt und der gerade eine Luftmatratze aufbläst, sagt sie: "Du kannst aber gut blasen." Der Satz stamme gar nicht von ihr, sagte Sarah vor kurzem dem NDR-Medienmagazin "Zapp". Gerade in den peinlichen Szenen sei sie dem Drehbuch gefolgt.

Solche Szenen sorgten auch im Internet für eine Flut an hämischen Postings. "Als ich die erste Folge von 'Schwer verliebt' gesehen habe, habe ich einen Kulturschock gehabt", sagte Sarah. Sie habe sich nicht wiedererkannt. Nun wehrt sie sich gegen die Ausstrahlung "ihres" Handlungsstranges. 

"Auf Sarahs Seite"

Dass der Fall in Deutschland hohe Wellen schlägt, ist auch der "Rhein-Zeitung" zu verdanken. Die Lokalzeitung unterstützt Sarah, stellte ihr einen Anwalt zur Verfügung und startete die Unterstützer-Plattform, "Auf Sarahs Seite".

Am Schlimmsten habe sie die Szenen gefunden, die sie beim Ausflug an einen See zeigen, erzählte Sarah der NDR-Sendung "Zapp". Sie habe keinen Badeanzug mitgehabt und habe deshalb im BH herumlaufen müssen. Auch habe Sat.1 wichtige Details ausgespart. In einer Szene etwa liegen Sarah und einer der Kuppel-Kandidaten im gleichen Bett, werden beim Einschlafen und Aufwachen gefilmt. Dass die beiden, die sich gerade erste kennengelernt haben, die Nacht getrennt verbracht habe, zeigte der Sender nicht.

Der Medienkonzern Sat.1 wehrt sich gegen die Vorwürfe. "Ein Drehbuch lag bei 'Schwer verliebt nicht vor", so Sat.1 gegenüber "Zapp". "Sarah hat zu keiner Zeit Dinge tun müssen, die sie nicht tun wollte."

Psychische Verletzungen einkalkuliert

700 Euro hat Sarah für die Dreharbeiten bekommen - psychische Verletzungen sind im Kandidatenvertrag miteinkalkuliert. "Der Vertragspartner ist sich bewusst, dass er möglicherweise während der Produktion Situationen erlebt, die für ihn psychisch oder physisch belastend sein können", heißt es in dem Vertrag. Außerdem müsse man "absolutes Stillschweigen" bewahren. "Die Verträge sind absolut branchenüblich", sagte Sascha Naujoks, Senderverantwortlicher für "Schwer verliebt" dem Branchendienst "Meedia".

Einer der beiden Männer, die Sarah über die Sendung kennen gelernt hat, soll sich aber gar nicht dessen bewusst gewesen sein, was er da unterschrieb, berichtet die "Rhein-Zeitung". Kandidat Dirk sei mit kognitiven Beeinträchtigungen zur Welt gekommen, sagte seine Mutter. Ihr Sohn habe nicht gewusst, was er da unterschreibe.

Teilerfolg: Aus der Vorschau gestrichen

Inzwischen sind auch andere Medien auf die Geschichte aufgesprungen, selbst die mächtige deutsche Boulevardzeitung "Bild" berichtete über den Fall. Der SPD-Politiker Kurt Beck, Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz und Vorsitzender der Rundfunkländerkommission, forderte eine Überprüfung von sogenannten "Kuppelshows".

Einen ersten Teilerfolg hat Sarah bereits erzielt: Zumindest in der Vorschau auf die aktuelle Folge von "Schwer verliebt", die am Sonntag um 19 Uhr ausgestrahlt wurde, war sie nicht zu sehen.

(her)

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