Posse um den für Pelinka reservierten Posten

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Die verspätete Ausschreibung des Büroleiterpostens, den Niko Pelinka bekommen wird, habe eine „schiefe Optik“, gesteht der ORF. Redakteure wollen nun zu einer Massenbewerbung aufrufen, andere raten davon ab.

Die einen sind „empört wie nie“ über „diese Farce“. Die anderen reagieren erstaunt auf diese Aufregung: Die aktuellen Vorgänge im ORF seien nicht anders als sonst. Anlass zu Empörung wie Resignation am Küniglberg gleichermaßen ist Folgendes: Die am vergangenen Freitag um 14.19 Uhr per Aussendung fix vergebenen Posten im ORF waren per Gesetz ausschreibungspflichtig. Die Ausschreibung des Büroleiters von ORF-Chef Alexander Wrabetz und zweier weiterer Posten wurde erst fünf Tage später, in der Mittwochausgabe des „Amtsblattes der Wiener Zeitung“, nachgeholt.

Gesucht wird da in knappen Worten „ein/e Redakteur/in (Leitung des Büros GD) (40 Wochenstunden) in Verwendungsgruppe 16 (Gehalt: mindestens 5270,65 Euro [inkl. Sonderzahlungen und UDZ] mtl. brutto) für die Generaldirektion“. Gleichzeitig wurden ein Assistenzposten in der Chefredaktion und die Büroleitung des Kaufmännischen Direktors ausgeschrieben. Nicht nur Kritiker von Wrabetz müssen zugeben: Diese Besetzungsepisode ist missglückt. Sogar ORF-Sprecher Martin Biedermann gab zu, dass die Sache „eine schiefe Optik“ habe. Er und Alexander Wrabetz wurden am Mittwoch nicht müde zu versichern, dass die Ausschreibung nicht vergessen, sondern im Gegenteil „immer geplant und bereits in der vergangenen Woche angeordnet“ worden war. Aufgrund der Feiertage sei sie nur verspätet im Amtsblatt erschienen. Man werde das weitere Bewerbungsprozedere einhalten und auch ein Hearing der Kandidaten ansetzen, was nach ORF-internen Regeln schon dann vorgesehen ist, wenn unter den Bewerbern auch nur eine qualifizierte Frau ist.

Pelinka gilt weiterhin als Favorit

An der bereits verlautbarten Entscheidung des Generaldirektors, Nikolaus Pelinka mit dem Posten zu besetzen, ändert die Ausschreibung offenbar nichts. Wrabetz erklärte der APA am Mittwoch, dass der Posten zwar formal ausgeschrieben werde, die Entscheidung aber bei ihm liege. Es sei klar, dass sein persönlicher Referent und Büroleiter eine Vertrauensperson für ihn sein müsse. Pelinka sei so jemand, der noch dazu „Erfahrung, Wissen hat und sich in den vergangenen zwei Jahren sehr für den ORF eingesetzt“ hat. Was Wrabetz offenkundig übersieht: Das ORF-Gesetz schreibt seit Oktober 2010 vor, bei gleicher Qualifikation sei Frauen der Vorzug bei der Bestellung zu geben.

Nikolaus Pelinka hat seinen bisherigen Job in der Kommunikationsabteilung der ÖBB laut eigenen Angaben bereits gekündigt, einen Vertrag mit dem ORF hat er bisher noch nicht unterschrieben. Ohne die gesetzlich vorgeschriebene Ausschreibung wäre ein solcher ohnehin gesetzwidrig, sagt Arbeitsrechtsexperte Wolfgang Mazal von der Universität Wien. Die nachträgliche Ausschreibung nach der Bekanntgabe, wer den Posten bekommt, nennt er „eine Verhöhnung des Instruments“.

Unter den ORF-Mitarbeitern wirft auch der Wortlaut der Ausschreibung Fragen auf: Wieso wird der Büroleiterposten des ORF-Chefs automatisch in der Verwendungsgruppe 16 (von insgesamt 18) ausgeschrieben? Pelinka wäre mit seinen 25 Jahren der jüngste Mitarbeiter, der seine ORF-Karriere gleich mit „einem 16er“ beginnt, wie das intern genannt wird. Zum Vergleich: Ressortleiter und Sendungsverantwortliche in Information und Programm werden üblicherweise in Stufe 15 eingeordnet.

„Die Jobs fallen vom Himmel“

Und wieso sind die Büroleiter- und Assistenzstellen als „Redakteursposten“ ausgeschrieben, obwohl sie nichts mit einer redaktionellen Tätigkeit zu tun haben? ORF-Sprecher Biedermann verteidigt: „Das war schon immer so“, auch er, der bis Ende 2010 Büroleiter von Wrabetz war, sei als Redakteur angestellt gewesen. Im ORF vermutet man dahinter ein „Zuckerl“ in Form von mehr Urlaubstagen, nämlich 33 statt 25 pro Jahr.

Empört sind die ORF-Mitarbeiter auch über die zusätzlich ausgeschriebene Assistenzstelle für die Generaldirektion in Gehaltsstufe 13 (Gehalt mind. 4275,69 Euro monatl.), einen Posten, den es bisher nicht gab und für den Pelinka bereits eine Kandidatin vorgeschlagen hat. „In der Information werden die Jobs gestrichen, und in der Generaldirektion fallen sie vom Himmel“, sagt Redakteurssprecher Dieter Bornemann.

Nach wie vor nicht ausgeschrieben sind weitere Stellenbesetzungen, die am Freitag angekündigt wurden: Thomas Prantner als Vizechef der Technikdirektion, Angelika Sima als Büroleiterin von TV-Chefin Kathrin Zechner, Robert Ziegler als Bundesländerkoordinator. Dies werde auch noch passieren, sagte ORF-Sprecher Biedermann.

Bis 10. Jänner können Bewerbungen per E-Mail unter personal@orf.at eingereicht werden. Wie soll man auf diese Einladung zur Bewerbung für den Büroleiterposten reagieren? Da gibt es zwei Lager im ORF. Die einen meinen, es sollen sich möglichst viele qualifizierte Personen bewerben, um Pelinka so zu verhindern. Die anderen sagen, wer sich jetzt bewerbe, dem mangle es an Intelligenz und Selbstachtung. Schließlich habe Wrabetz bereits gesagt, wen er sich als Bürochef und „Vertrauensmann“ wünscht.

Der ORF in Zahlen

Am gestrigen Mittwoch hat der Rechnungshof seinen Einkommensbericht für staatliche Unternehmen (siehe auch Artikel Seite14), darunter den ORF, veröffentlicht. Demnach hat der ORF 2009 und 2010 für den Personalabbau 62,3 Mio. Euro ausgegeben, pro Handshake wurden also durchschnittlich 151.000 Euro bezahlt. Die ORF-Geschäftsführer verdienten 2010 ca. 282.600 Euro und damit knapp weniger als der Bundeskanzler mit 285.600 Euro. Rund 3281 angestellte Mitarbeiter hatte der ORF 2010, die durchschnittlich 74.300 Euro jährlich verdienten, das waren 257 Mitarbeiter weniger als 2009.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2011)

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