Rudas: "Parteien haben keinen Einfluss auf Journalisten"

Rudas
RudasHELMUT FOHRINGER
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Für den ORF-Job ihres Parteifreundes Niko Pelinka sei nicht die SPÖ verantwortlich, sondern Generaldirektor Wrabetz, sagt SP- Geschäftsführerin Laura Rudas. An Neuwahlen 2012 glaubt sie nicht, an die Einführung der Erbschaftssteuer schon.

Wen werden Sie in Zukunft anrufen, wenn Sie ein Anliegen im ORF haben? Generaldirektor Alexander Wrabetz oder seinen Büroleiter, Ihren Parteifreund Nikolaus Pelinka?

Laura Rudas: Die zuständigen Journalisten. Den Büroleiter des Generaldirektors habe ich jedenfalls noch nicht oft angerufen. Und ich kommentiere diese Funktion auch nicht. Das habe ich bei den Büroleitern davor auch nicht getan.

Es sieht so aus, als wäre da einer - Herr Pelinka nämlich - mit einem gut dotierten Job belohnt worden, weil er Wrabetz die Mehrheit im Stiftungsrat des ORF besorgt hat.

Ich entscheide, wer mein Büroleiter wird. Alexander Wrabetz entscheidet, wer seiner wird. Da müssen Sie den Generaldirektor des ORF dazu befragen und nicht mich.

Die ORF-Mitarbeiter protestieren mit einer Unterschriftenaktion gegen parteipolitische Postenbesetzungen. Fühlen Sie sich von dieser Kritik nicht angesprochen?

Nein, das ist Sache des Generaldirektors. Ich behandle den ORF wie jedes andere Medienunternehmen. Ich rufe ja auch bei Ihnen an, wenn ich mich zu einem Thema äußern möchte.

Also keine schiefe Optik im ORF?

Die Parteien haben keinen Einfluss auf die Journalisten und deren Berichterstattung. Das sieht man ja.

Glauben Sie nicht, dass sich die Österreicher verschaukelt fühlen, wenn Sie behaupten, die Parteien versuchten nicht, Einfluss auf die ORF-Berichterstattung zu nehmen?

Im Europavergleich hat der ORF die besten Informationssendungen - weil sie unabhängig sind. Ich würde einfach vorschlagen, dass man fernschaut und sich selbst ein Bild davon macht.

Und bei der Bestellung Pelinkas hatte die SPÖ ihre Finger auch nicht im Spiel?

Nein.

Bürgermeister Michael Häupl hat für das Steuer- und Sparpaket, das die Regierung im Februar vorlegen wird, einen Wunsch angemeldet: Zwei Drittel der benötigten Summe sollten aus Steuern kommen. Ist das der Schlüssel, auf den wir uns einstellen dürfen?

Ich bin dafür, dass man zuerst die Vorschläge der beiden Parteien sammelt, sich dann überlegt, welche sinnvoll sind, und am Ende rechnet. Nicht alles, was an Sparmaßnahmen und Steuern diskutiert wird, hat Sinn.

Zum Beispiel?

Die von der FPÖ am Donnerstag zuerst propagierte und dann wieder zurückgenommene Erhöhung der Mehrwertsteuer hat sicher keinen Sinn.

Können Sie ausschließen, dass es zu einer Mehrwertsteuererhöhung kommt?

Ich halte nicht viel vom Ausschließen. Ich kenne das: Sie fragen mich dann bei fünf weiteren Maßnahmen, ob ich sie ausschließen kann.

Dann frage ich anders: Steht eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Debatte oder nicht?

Nein. Keine der Regierungsparteien hat das vorgeschlagen. Und wir sind definitiv nicht dafür, weil eine solche Maßnahme die Kaufkraft schwächen würde. Wir sollten bei den vermögensbezogenen Steuern ansetzen. Das besagt jede internationale Studie, und das sagt auch jeder Experte, weil wir in diesem Ranking sehr weit hinten liegen.

Die Experten sagen, dass man den Anteil der vermögensbezogenen Steuern erhöhen kann, wenn im Gegenzug die Arbeitseinkommen entlastet werden.

Das ist natürlich unser Ziel. Wir haben in Österreich zu hohe Einkommensteuern. Aber man muss auch ehrlich sein: Wir haben es mit einer Weltwirtschaftskrise zu tun und ein Budget zu konsolidieren, damit die Finanzmärkte beruhigt sind. Dass sich eine Entlastung des Faktors Arbeit im nächsten Jahr ausgeht, ist eher unwahrscheinlich.

Welche Vermögensteuern halten Sie mit der ÖVP für durchsetzbar?

In der ÖVP haben sich schon viele für vermögensbezogene Steuern ausgesprochen. Bei der Bankenabgabe hat es zuerst auch kritische Stimmen gegeben, dann haben wir uns trotzdem geeinigt. Ich bin da eher optimistisch.

Wovon reden wir? Von einer Solidarabgabe für Bezieher sehr hoher Einkommen?

Es gibt mehrere Möglichkeiten. Wir haben die Immobiliensteuer vorgeschlagen, die Solidarabgabe für Spitzenverdiener und die Millionärssteuer.

Eine Millionärssteuer hat ÖVP-Chef Michael Spindelegger ausgeschlossen.

Ich werde jetzt nicht über die „Presse" mit der ÖVP verhandeln.

Welche Steuern sind wahrscheinlich?

Das wäre jetzt Spekulation.

Kanzler Werner Faymann will die Erbschaftssteuer wieder einführen, Michael Häupl ist dagegen. Wo stehen Sie in dieser Frage?

Bei der Erbschaftssteuer gibt es verschiedene Modelle - manche sind sinnvoll, andere nicht. Deshalb lassen wir das gerade von Experten durchrechnen. Das ist das Stadium, in dem wir uns im Moment befinden.

Aber Sie werden ja auch eine Meinung dazu haben, nehme ich an.

Es kommt auf die Ausgestaltung an. Wenn man sie als Vermögenszuwachssteuer tituliert, dann gibt es viele Argumente für die Erbschaftssteuer.

Wen soll eine Erbschaftssteuer nach Ihren Vorstellungen treffen?

Wenn Gerechtigkeit das Ziel sein soll, müssen kleinere Erbschaften oder Betriebe, die dann nicht mehr weitergeführt werden können, ausgenommen werden. Aber wenn jemand eine Villa am Wörthersee erbt, ist es auch gerecht, wenn er einen Beitrag leistet.

Was, wenn sich die Koalition nicht auf ein Steuer- und Sparpaket einigen kann: Hat die SPÖ schon ein Konzept für Neuwahlen in der Schublade?

Nein, weil wir nicht damit rechnen.

Sind Sie wirklich so sicher?

Ich bin mir sehr sicher, weil ich überhaupt keinen Grund sehe, warum es nicht zu einer Einigung kommen sollte.

Gegen die Schuldenbremse in der Verfassung sträubt sich nicht nur die Opposition. Auch in der SPÖ gibt es Widerstände - in der Gewerkschaft und in Oberösterreich vor allem. Wie geht die Partei mit den „linken Rebellen" um?

Wir haben eine lange Klubsitzung gehabt, und ich glaube, dass alle Missinterpretationen ausgeräumt sind. Wir sind definitiv dafür, dass die Schuldenbremse in die Verfassung kommt.

Das heißt, in der SPÖ sind jetzt ausnahmslos alle auf eine Schuldenbremse in der Verfassung eingeschworen?

Also alle - das ist in einer großen Partei immer schwierig zu sagen. Es gibt nach wie vor kritische Stimmen. Dabei geht es weniger um die Schuldenbremse, sondern um die Frage, auf welche Weise das Budget konsolidiert werden soll.

Aber die Budgetkonsolidierung ist doch das Wesen einer Schuldenbremse.

Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Gegen eine Defizitregel in der Verfassung spricht gar nichts. Als Sozialdemokrat hat man lieber mehr Geld für den Arbeitsmarkt zur Verfügung, als Zinsen zurückzahlen zu müssen. Den Kritikern ist es wichtig, dass der Sozialstaat nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Ich verstehe diese Sorgen. Deshalb müssen wir darauf achten, dass es beim Sparen gerecht zugeht.

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