Causa Pelinka als Hetzpublizistik und Generationenkonflikt

Causa Pelinka Hetzpublizistik Generationenkonflikt
Causa Pelinka Hetzpublizistik Generationenkonflikt(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Medienschau. Onkel Anton Pelinka und Vater Peter Pelinka melden sich zu Wort. Auch ein Interview von Niko Pelinka mit Laura Rudas ist aufgetaucht.

Vor knapp zwei Wochen wurde die Bestellung von SPÖ-Jungpolitiker Niko Pelinka zum Büroleiter von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz bekannt. Der mediale Wirbel, den die parteipolitische Besetzung auslöste, nimmt immer noch Fahrt auf. In den Österreich-Seiten der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit", die am Donnerstag erschien, meldete sich der Politologe Anton Pelinka, Onkel des Jungpolitikers, zu Wort. Er kreidet in dem Artikel vor allem die Struktur des ORF an: "Der ORF zeigt sich als das, was er immer war und weiterhin ist: ein politisch abhängiges Massenmedium, von dem zu hoffen ist, dass sich seine Abhängigkeit ausgewogen und pluralistisch äußert."

Anton Pelinka prangert die "falsche Häme" an, die derzeit auf seinen Neffen einprasselt. Der ORF-Geschäftsführung wirft er vor, sich bei der Bestellung des Büroleiters "von einer atemberaubend dilettantischen Seite gezeigt" zu haben, auch wenn er nicht versteht, dass "diese so unprofessionell eingeleitete Personalentscheidung eine Welle der Erregung mitsamt moralisierendem Geraune ausgelöst hat, die mittlerweile bereits zwei Wochen anhält und nicht abzuebben scheint".

Was ist daran neu?

Daraus, dass Niko Pelinka politisch etikettiert ist, macht Anton Pelinka keinen Hehl. Aber was sei neu daran, "dass Personen mit eindeutiger parteipolitischer Bindung in die Führungsetage des ORF gehievt werden", fragt er. Das Vorgehen des Generaldirektors bei der Wahl seines Büroleiters unterstreiche, "dass er das System des ORF, die allgemein akzeptierte Balance politischer Verflechtungen, aufrechtzuerhalten gedenkt".

Er verstehe nicht, warum dem Generaldirektor nicht zugestanden werden soll, eine Person seines Vertrauens zum Leiter seines Büros zu bestellen, so Anton Pelinka. Der mediale Aufruhr "ist nicht Kritik - das ist der irrationale Zorn einer Generation, die sich eines nicht eingestehen will: Auch ihr folgt eine neue Generation nach."

Peter Pelinka: "Mein Sohn denkt eigenständig"

Das von Niko Pelinka Vater Peter Pelinka geführte Nachrichtenmagazin "News" wehrt sich indes gegen "Sippenhaftung". In Peter Pelinkas Editorial in dem am Donnerstag erschienenen "News" heißt es: "Mein in die Causa höchst involvierter Sohn lebt, denkt und handelt seit acht Jahren völlig eigenständig. Gott sei dank." Die Sorge der ORF-Mitarbeiter bezeichnet Pelinka senior als "berechtigt".

Deutlich schärfer äußert sich "News"-Chefredaktionsmitglied Walter Pohl im Heft: Er attackiert in einem Kommentar frontal Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, die in einem aktuellen Text die Bestellung von Niko Pelinka als Symptom für das Ende der Sozialdemokratie charakterisiert.

Pohl rückt in "News" Jelineks Text in die Nähe des Nationalsozialismus und bezeichnete ihre Wortwahl als "widerlich und degoutant". er nennt sie sogar "völkische Beobachterin" (der "Völkischer Beobachter" war das Parteiorgan der NSDAP) und meint, dass die Nobelpreisträgerin am Ende ihres Textes für eine "Endlösung" plädiere. 

Pohls Kommentar stößt indes beim Chefredakteur nicht auf ungeteilte Gegenliebe. Der Beitrag sei "leider höchst emotional und persönlich", sagte Peter Pelinka der APA. Er selbst habe den Text erst gesehen, als die Zeitschrift schon im Druck war.

Kritik an unfairer Berichterstattung

Zum Gegenschlag holt auch der Kommunikationswissenschaftler Fritz Hausjell aus, der in einem Gastkommentar im "News" unfaire und interessengetriebene Berichterstattung an der Person Niko Pelinka kritisiert. Interessant hierbei ist, dass er am Anfang feststellt: "Der ORF ist freier denn je".

Auch in der "Wiener Zeitung" bringt Hausjell seine Kritik dar: Die Berichterstattung habe Züge von "Hetzpublizistik", so der Wissenschaftler. Denn auffällig oft werde auf das Äußere des künftigen Büroleiters eingegangen. Diese würden mit "negativen, herabwürdigenden, lächerlich machenden Zuschreibungen" einhergehen, so Hausjell. Er fragt sich, ob die Heftigkeit der Debatte der Erregung angemessen sei.

Moitzi: Pelinka soll Bewerbung zurückziehen

Einen klaren Appell an Niko Pelinka formulierte indes Wolfgang Moitzi, Vorsitzender der Sozialistischen Jugend (SJ) auf Standard.at: Pelinka solle seine Bewerbung zurückziehen, meint der Jungpolitiker. "Es entsteht in der breiten Öffentlichkeit der Eindruck, der SPÖ würde es darum gehen, den ORF ans Gängelband zu nehmen", sagte der SJ-Vorsitzende. "Das ist für das Image der Sozialdemokratie absolut schädlich. Tritt Pelinka diesen Job an, würde das für viele Wochen und Monate Aufsehen erregen und das Image der SPÖ weiter schädigen."

Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter macht indes ein alter "Standard"-Artikel die Runde: Niko Pelinka moderierte dort 2006 ein Streitgespräch von Partei-Kollegin Laura Rudas mit Johann Gudenus (FPÖ). Erheiternd wirkt im Nachhinein die letzte Bemerkung Pelinkas, denn er konstatiert: "Vergleicht man die jungen Parteifunktionäre von früher mit heutigen Jungpolitikern, hat man das Gefühl, dass Pragmatiker und Realisten die Revolutionären und Aufmüpfigen abgelöst haben."

(APA/Red.)

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