Protestvideo im Wortlaut: "Geschäftsführung in hohem Maße unternehmensschädigend"

Am Montag veröffentlichten ORF-Moderatoren und -Redakteure ein Video auf Youtube, in dem sich gegen geplante Postenvergaben protestieren.

Die geplante Bestellung des bisherigen SPÖ-Stiftungsrates Niko Pelinka zum Büroleiter von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat in der ORF-Belegschaft zu beispiellosen Protesten geführt. Mehr als drei Wochen nach der Ankündigung, Pelinka solle den Job übernehmen, haben die Redakteure am Montag via Youtube ein Protestvideo veröffentlicht. Auch andere Postenbesetzungen werden kritisiert. Im Folgenden der Redetext, gelesen von 55 Redakteuren und Nachrichtenmoderatoren des ORF, im Wortlaut:

"Wir, die Journalistinnen und Journalisten des ORF, stehen für einen unabhängigen ORF. Wir sind ausschließlich journalistischer Ethik und dem ORF-Publikum verpflichtet. Die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die in der Verfassung garantiert ist, lassen wir uns nicht nehmen, weder durch parteipolitische Wünsche noch durch die offenkundige Bereitschaft der ORF-Geschäftsführung solche Wünsche zu erfüllen. Am 23. Dezember hat der Generaldirektor des ORF eine ganze Reihe von Postenbesetzungen bekanntgegeben, die offensichtlich parteipolitisch motiviert waren.

Diese Bestellungen empören uns doppelt. In den Redaktion werden aus finanziellen Gründen Dienstposten eingespart und zwar in einem Ausmaß, das längst unerträglich ist. Gleichzeitig ist offenbar genug Geld vorhanden, wenn es darum geht, neue Stellen zu schaffen, um politische Absprachen zu erfüllen. Wie sehr die geplanten Postenbesetzungen als politisch ausgehandelt angesehen werden, hat auch die öffentliche Diskussion in den vergangenen Wochen klar gemacht.

Weil der Eindruck entsteht, die Unabhängigkeit des ORF sei nicht mehr gegeben, halten wir das Vorgehen der ORF-Geschäftsführung in hohem Maße für unternehmensschädigend. Deshalb fordern wir den Generaldirektor auf, alle Vorhaben zurückzunehmen, die das Ansehen des ORF als unabhängiges Medienunternehmen beschädigen. Vom Gesetzgeber fordern wir Rahmenbedingungen, die die Unabhängigkeit des ORF stärken. Dazu gehören unter anderem ein völlig neues Aufsichtsgremium und ein verbessertes Redakteursstatut. Der ORF gehört den Österreicherinnen und Österreichern - nicht den Parteien. Um das zu unterstreichen werden wir unseren Protest fortsetzen."

Das Protestvideo der ORF-Redakteure

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Medien

Küberl: „Eindruck von Wahlgeschäften“ im ORF vermeiden

Der ORF-Redakteursrat legt den Klubobleuten der Parlamentsparteien ein „Sündenregister“ der Stiftungsräte vor – und Ideen für ein neues ORF-Gesetz. Der Stiftungsrat müsse „sich selbst erneuern“ und schrumpfen.
Nach Protest soll rasch
Medien

Nach dem Protest soll im ORF rasch Ruhe einkehren

Der Imageschaden für ORF und SPÖ ist da: 61 Prozent der Österreicher glauben, die SPÖ regiert den ORF, ermittelt das "Profil".
Franz Schuh Unabhaengigkeit reiner
Medien

Franz Schuh: "Die Unabhängigkeit ist ein reiner Fetisch"

Der Essayist und Vielfernseher spricht über die "Tragödie", die die aktuellen ORF-Ereignisse für ihn sind, den Wandel der Sozialdemokratie und das hochgesteckte, aber unerreichbare Ideal der Unabhängigkeit.
Medien

Kuchenbrösel und die gelbe Karte für den ORF-Chef

Weniger Kritik als erwartet erntete Alexander Wrabetz von den Stiftungsräten - dafür erhielt er von den freien Redakteuren eine Protesttorte. Bis Juni müssen 540 Mitarbeiter umsiedeln.
Medien

„ORF-Debatte war wie Volksbegehren via Social Media“

Kommunikationsexperte Hannes Haas (Uni Wien) meint, der Stiftungsrat sollte kleiner, seine Arbeit transparenter werden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.