Dietmar Hoscher zieht auf einem SPÖ-Ticket in den Stiftungsrat ein. Der 49-Jährige saß vormals im Bundes- und Nationalrat und im ÖGB. "Freundeskreis"-Leiter wird der ehemalige Nationalrat aber (noch) nicht.
Lange wurde gerätselt, wer den vakanten Posten von Niko Pelinka im ORF-Stiftungsrat einnimmt. Am Dienstag bestätigte das Bundeskanzleramt, dass im Ministerrat Dietmar Hoscher als neues Mitglied im obersten ORF-Gremium bestellt wurde. Der Casinos Austria-Vorstand zieht auf einem SPÖ-Ticket in den Stiftungsrat ein. Bereits kommenden Freitag wird der 49-Jährige an der nächsten Gremiensitzung teilnehmen. Leiter des SPÖ-"Freundeskreises", wie zunächst kolportiert, wird er aber nicht. Hoscher sprach am Dienstag von einem Missverständnis: "Selbstverständlich muss der Freundeskreis das beschließen." Ob er die Funktion anstrebe? "Das werden wir demnächst im Freundeskreis in einer eigenen Sitzung besprechen."
Der gebürtige Wiener hatte mehrere politische Mandate für die Sozialdemokraten inne, unter anderem als Mitglied des Bundesrates und Abgeordneter des Nationalrates. Im ÖGB fungierte er als Sekretär der Zentralen Kontrollkommission. Im Management der Casinos Austria ist er seit 1998 tätig, als Generalbevollmächtigter fungiert Hoscher seit 2004.
Hoscher folgt also Niko Pelinka nach, der auch den SPÖ-"Freundeskreis" leitete. Diese Funktion hat interimistisch Josef Kirchberger übernommen. Pelinka hatte sein Mandat zurückgelegt, weil er sich als Büroleiter von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz bewarb.
Protest der Redakteure geht weiter
Die Redakteure kämpfen indes weiter gegen die geplanten Postenbesetzungen in der ORF-Chefetage.In einem Mail appellierten sie an die Stiftungsräte, sicherzustellen, dass "keinerlei, wie immer geartete Fortsetzung unternehmensschädigender Postenvergaben möglich wird". Die öffentliche Diskussion werde man erst dann einstellen, "wenn gesichert ist, dass nicht versucht wird, die mit der ORF-Unabhängigkeit unvereinbaren Postenbesetzungen weiterhin - diesmal eben ohne formale Fehler - vorzunehmen".
Redakteursrat schreibt an Stiftungsrat
In dem Mail, das der Austria Presse Agentur vorliegt, versucht der ORF-Redakteursrat die Stiftungsräte für sein Anliegen zu sensibilisieren. Das Kernproblem der am 23. Dezember verkündeten Postenbesetzungsabsichten liege darin, dass hier "versucht wurde, mit der für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk existenziell notwendigen Unabhängigkeit Unvereinbares zu exekutieren. Damit wurde der Eindruck erweckt, der ORF hinge am Gängelband der Parteien." Das engagierte Auftreten der ORF-Journalisten und die in der tagtäglichen Berichterstattung bewiesene Unabhängigkeit hätten schweren (Image-)Schaden vom ORF abgewendet, so die Redakteure.
Die Empfehlung der Stiftungsratsvorsitzenden Brigitte Kulovits-Rupp, dass "Bestellungen entsprechend den beschlossenen Arbeitsbildern erfolgen" sollen, begrüßte der Redakteursrat grundsätzlich, sie beseitige aber das "Kernproblem der am 23. 12. verkündeten Postenbesetzungsabsichten nicht", heißt es in dem von Fritz Wendl, Eva Ziegler und Dieter Bornemann gezeichneten Mail.
Weitere umstrittene BEsetzungen
In der ORF-Presseaussendung vom 23. Dezember wurde neben der ausgiebig kritisierten Bestellung von Niko Pelinka zum Büroleiter von Alexander Wrabetz auch die Ernennung von Thomas Prantner zum stellvertretenden Technischen Direktor sowie die Besetzung der neuen Dienststelle namens "Koordination Landesstudios" mit Robert Ziegler bekanntgegeben.
Für des bisherigen Büroleiter Kurt Reissnegger wurde die neu zu schaffende Stelle strategische Planung und medienübergreifende Programmprojekte in der Generaldirektion vorgesehen und Roland Weissmann wurde zum Leiter der Hauptabteilung "Produktionswirtschaft Fernsehen" bestellt, die künftig in der Kaufmännischen Direktion angesiedelt sein soll, wogegen die Redakteure ohnehin seit längerem Sturm laufen.
(APA)