ORF: Niko Pelinka zieht seine Bewerbung zurück

Niko Pelinka zieht seine
Niko Pelinka zieht seineAPA (Schlager)
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Der frühere rote Stiftungsrat will das "unwürdige Theater" beenden. ORF-Chef Wrabetz verteidigt Pelinka, zieht aber auch weitere Besetzungen zurück. Der Redakteursrat hofft auf eine Änderung des ORF-Gesetzes.

Der Druck durch die ORF-internen Proteste dürfte doch zu groß gewesen sein: Niko Pelinka, bis vor Kurzem Leiter des SPÖ-"Freundeskreises" im Stiftungsrat, zieht seine Bewerbung für den Büroleiter-Posten von ORF-Generaldriektor Alexander Wrabetz zurück. Das schreibt die Austria Presse Agentur am Donnerstagvormittag unter Berufung auf eine Stellungnahme des 25-Jährigen ("Die Presse" berichtete bereits gestern). Am frühen Nachmittag meldete sich auch ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz zu Wort: "Der Protest von mehr als 1300 Journalistinnen und Journalisten ist ernst zu nehmen", schreibt Wrabetz in einer Aussendung. Er respektiere Pelinkas Entscheidung, seine Bewerbung zurückzuziehen, "in höchstem Maße". Es gehe ihm aber darum, "Schaden für das Ansehen des Hauses abzuwenden".

"Die geplante Bestellung von Niko Pelinka war ebenso wenig Gegenstand einer parteipolitischen Absprache wie sein nun bekanntgegebener Rückzug", so Wrabetz. "Ich bin auch überzeugt, dass sich Niko Pelinka mit großem Einsatz bedingungslos für den ORF und die im öffentlich-rechtlichen Auftrag enthaltenen Werte eingesetzt hätte." Die Ausschreibung für den Posten des Büroleiters wird aufgehoben.

"Weitere untergriffige Angriffe vermeiden"

In seiner Stellungnahme erklärt Pelinka, die "andauernde öffentliche Debatte über meine Person und meine mögliche Bestellung zum Büroleiter des ORF-Generaldirektors hat ein Ausmaß erreicht, das nicht mehr akzeptabel ist. Ich ziehe mich von dieser Ausschreibung zurück".

Mit seinem Rückzug wolle er, "weitere untergriffige Angriffe gegen mich, meine Familie und mein persönliches Umfeld vermeiden", hieß es in der Stellungnahme. Darüber hinaus würde die breite öffentliche Diskussion mittlerweile die Substanz des ORF gefährden - und weiteren Schaden wolle er "nicht akzeptieren". Der Schritt erfolge aber nicht, "weil ich die falsche Person für diesen Posten bin".

"Unwürdiges Theater"

Als weiteren Grund für seinen Rückzug nannte Pelinka "die unerfreulichen formalen Unstimmigkeiten rund um die Bestellung". Außerdem wolle er weder sich selbst noch dem ORF eine "wochenlange Weiterführung dieses unwürdigen Theaters" zumuten, so Pelinka. Grund für seine Bewerbung für den Büroleiterposten seien "ausschließlich mein persönliches Vertrauensverhältnis zu Alexander Wrabetz und mein Interesse am Medienunternehmen ORF" gewesen. Er möchte aber nicht "das Symbol für etwas sein, das nicht meiner persönlichen Wertehaltung entspricht".

>>> Pelinkas Erklärung im Wortlaut

Wohin es den 25-Jährigen stattdessen beruflich hinverschlagen wird, darüber gibt es bisher noch keine gesicherte Information. Er freue sich "auf spannende berufliche Aufgaben in der Zukunft", heißt es in der schriftlichen Stellungnahme. Darüber hinaus wollte er am Donnerstag nichts sagen.

Weitere Postenbesetzungen abgeblasen

Auch eine weitere umstrittene Postenbesetzungen wird nicht durchgeführt: Zentralbetriebsrat Robert Ziegler, der stellvertretende Chefredakteur des Landesstudios Niederösterreich, hätte Bundesländerkoordinator werden sollen. Dieser Posten wird nun aber nicht wie geplant eingerichtet, schreibt Wrabetz. Die neuen Agenden Bundesländerkoordination und Strategische Planung würden "auf Projektebene weiter verfolgt".

>>> Wrabetz' Erklärung im Wortlaut

Ziegler hätte auf Wunsch der ÖVP Karriere machen sollen und wurde wegen einer Sprachregelung im Fall Anders Breivik von der Medienbehörde KommAustria verurteilt. Er hatte seine Mitarbeiter im Landesstudio in einem E-Mail aufgefordert, den Attentäter von Oslo nicht als "christlichen Fundamentalisten" zu bezeichnen.

Ziegler zeigt sich von der Entscheidung seines Chefs nicht überrascht. Er sehe ein, "dass nach dieser wochenlangen Diskussion, in die ich meiner Meinung nach ungerechtfertigt hineingezogen worden bin, eine Lösung zu finden war", sagte er. Es gehe ihm nicht darum, "irgendeine Struktur aufzublähen". Und er betonte: "Wenn der Generaldirektor will, dass ich mir zu den Bundesländern etwas überlege, mache ich das gerne."

Die Strategische Planung hätte Wrabetz' bisheriger Büroleiter Kurt Reissnegger übernommen. Der bleibt nun bis auf weiteres in seinem Posten

"Sorgen und Kritik angstfrei artikulieren"

Den Protest der ORF-Mitarbeiter, über den auch deutsche Medien berichteten, nimmt Wrabetz als positives Zeichen für seine Leistungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wahr. "Ich nehme für mich in Anspruch, in den vergangenen Jahren einen Kulturwandel im Unternehmen eingeleitet zu haben, der sich neben der uns allgemein attestierten journalistischen Freiheit und Unabhängigkeit auch darin äußert, dass angstfrei und offen Sorgen und Kritik artikuliert werden können. Eine anhaltende negative Diskussion ist dem Unternehmen jedoch nicht zuzumuten", schreibt der Generaldirektor.

Redakteursrat: Protest gegen System, nicht Personen

Der ORF-Redakteursrat, der die treibende Kraft im Kampf gegen die parteipolitisch motivierten Postenbesetzungen war, sieht nach dem Rückzug von Pelinka "zweifellos eine entscheidende Stärkung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks" gegeben. Es sei gelungen, "gemeinsam mit einer breiten, wachsamen Öffentlichkeit, die Bedeutung eines wirklich unabhängigen ORF eindrucksvoll zu vermitteln". Auch künftig gelte es, dafür Sorge zu tragen, dass "ab nun keinerlei, wie immer geartete, Fortsetzung unternehmensschädigender Postenvergabe mehr möglich sein darf", hieß es in einer Aussendung.

In ihren Protesten sei es den Redakteuren "nie um den Kampf gegen einzelne Personen gegangen, sondern um das System der politischen Packelei" und um die Unabhängigkeit des Rundfunks, so Dieter Bornemann. "Und so werden die ORF-Journalisten auch dafür zu sorgen haben, dass sämtliche geplante - und künftige weitere, notwendige - Strukturänderungen nicht gegen journalistische Interessen stattfinden können", kündigt Eva Ziegler, Redakteursrätin der Landesstudios, an.

Im weiteren hoffen die Redakteure, dass es nun zu den "längst überfälligen Änderungen des ORF-Gesetzes" kommt und dass sowohl innerhalb des ORF als auch mit dem Gesetzgeber rasch konstruktive Gespräche geführt werden. Jetzt müsse "die so reichlich frei gewordene positive Energie längst fällige Änderungen" bewirken.

Lob von den protestierenden Redakteuren

Wrabetz' Erklärung findet auf dem Kurznachrichtendienst Twitter positive Reaktionen: "Zeit im Bild"-Anchorman Armin Wolf schreibt von einer "bemerkenswerten Erklärung". Nachrichtensprecher Roman Rafreider ist voll des Lobes: Pelinka und Wrabetz hätten "Größe bewiesen", schreibt Rafreider. "Welcher Chef schreibt solche bemerkenswerten Worte nach solch schwierigen Tagen? Danke Alex. Danke ORF."

(APA/Red.)

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