ORF-Causa: Pelinka erlöst den General

(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Nikolaus Pelinka will nun doch nicht Büroleiter von ORF-General Alexander Wrabetz werden. Dessen zögerliche Haltung in der Causa – und bei der Standortfrage – kostet das Unternehmen Ansehen.

Alexander Wrabetz hat wieder einmal keine Entscheidung getroffen: Nicht er hat die angekündigte Zusammenarbeit mit seinem „Wunschkandidaten“ als Büroleiter abgeblasen. Niko Pelinka selbst hat den geordneten Rückzug angetreten – und seine Bewerbung in einer schriftlichen Erklärung zurückgezogen. Begründung: „Die andauernde öffentliche Debatte über meine Person und meine mögliche Bestellung zum Büroleiter des ORF-Generaldirektors hat ein Ausmaß erreicht, das nicht mehr akzeptabel ist.“ Er wolle damit „weitere untergriffige Angriffe gegen mich, meine Familie und mein persönliches Umfeld vermeiden“ und dem „unwürdigen Theater“ ein Ende setzen, das „die Substanz des ORF gefährdet“.

Kein Zurück in den Stiftungsrat

Damit ist Pelinka aus der Schusslinie – und ohne Job. Die SPÖ soll in den vergangenen Tagen fieberhaft nach einem Arbeitsplatz für den 25-jährigen ehemaligen Leiter des roten Freundeskreises im ORF-Stiftungsrat gesucht haben. Am Mittwoch soll Pelinka in München gesehen worden sein, wo er sich beim deutschen Bezahlsender Sky vorgestellt haben soll. Auch ein Engagement bei der Rewe-Group kursiert. Als so gut wie ausgeschlossen gilt, dass er in den Stiftungsrat oder auf seinen für den ORF-Job bereits gekündigten Posten bei den ÖBB zurückkehrt.

ORF-General Wrabetz gab sich am Donnerstag in einer Aussendung beinahe unbeteiligt: Er „respektiere“ Pelinkas Entscheidung, „sich beruflich neu zu orientieren“. Die geplante Bestellung von Pelinka sei „ebenso wenig Gegenstand einer parteipolitischen Absprache wie sein Rückzug“, betonte Wrabetz. Gerade die zögerliche Haltung des ORF-Generals, der es gern allen recht macht, nährt aber den Verdacht, es gebe ein politisch paktiertes Personalpaket, dessen Umsetzung als Gegenleistung für die ORF-Wahl gilt. Nachdem Wrabetz Pelinkas Bestellung verkündet hatte, bevor der Posten ausgeschrieben war, konnte er die Entscheidung für den SP-Adlatus schwer zurücknehmen – obwohl der dadurch ausgelöste Sturm der Entrüstung genau das bewirkte, was er nun vermeiden will: einen Schaden für das Ansehen des ORF.

Wrabetz' zögerliche Haltung kostet den ORF auch Geld: Heute, Freitag, tagt der ORF-Stiftungsrat, um sich über den Sanierungsbedarf des Gebäudes auf dem Küniglberg zu informieren. Schon vor Wrabetz' Amtsantritt 2006 war die Sanierung ein Thema: 2005 wusste man bereits, dass sie extrem teuer würde – ein Neubau galt als betriebswirtschaftlich vernünftig. Doch die Entscheidung blieb liegen. Mittlerweile ist der Sanierungsbedarf des Gebäudes dringlicher als angenommen. Die mittlerweile auch im Falle einer Übersiedlung vorher nötige Sanierung kostet womöglich so viel, dass sich ein Neubau kaum rechnet.

„Ende einer Tragikomödie“

Die ORF-Redakteure, die via Twitter und YouTube gegen politische Postenvergabe protestiert haben, stärken Wrabetz nun den Rücken. VP-Mediensprecher Karlheinz Kopf spricht von einem „unrühmlichen, aber logischen Ende einer Tragikkomödie“. FP-Generalsekretär Harald Vilimsky ortet eine „schwere Schlappe“ für das rote „Mediensystem Faymann/Ostermayer“. Der grüne Mediensprecher Dieter Brosz lobt Pelinkas Rückzug als „einzig richtige Entscheidung“. Nun solle man die öffentliche Debatte dafür nützen, „einen Schlussstrich unter politische Tauschgeschäfte zu ziehen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Medien

Küberl: „Eindruck von Wahlgeschäften“ im ORF vermeiden

Der ORF-Redakteursrat legt den Klubobleuten der Parlamentsparteien ein „Sündenregister“ der Stiftungsräte vor – und Ideen für ein neues ORF-Gesetz. Der Stiftungsrat müsse „sich selbst erneuern“ und schrumpfen.
Nach Protest soll rasch
Medien

Nach dem Protest soll im ORF rasch Ruhe einkehren

Der Imageschaden für ORF und SPÖ ist da: 61 Prozent der Österreicher glauben, die SPÖ regiert den ORF, ermittelt das "Profil".
Franz Schuh Unabhaengigkeit reiner
Medien

Franz Schuh: "Die Unabhängigkeit ist ein reiner Fetisch"

Der Essayist und Vielfernseher spricht über die "Tragödie", die die aktuellen ORF-Ereignisse für ihn sind, den Wandel der Sozialdemokratie und das hochgesteckte, aber unerreichbare Ideal der Unabhängigkeit.
Medien

Kuchenbrösel und die gelbe Karte für den ORF-Chef

Weniger Kritik als erwartet erntete Alexander Wrabetz von den Stiftungsräten - dafür erhielt er von den freien Redakteuren eine Protesttorte. Bis Juni müssen 540 Mitarbeiter umsiedeln.
Medien

„ORF-Debatte war wie Volksbegehren via Social Media“

Kommunikationsexperte Hannes Haas (Uni Wien) meint, der Stiftungsrat sollte kleiner, seine Arbeit transparenter werden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.