Nach dem Protest soll im ORF rasch Ruhe einkehren

Nach Protest soll rasch
Nach Protest soll rasch(c) APA (HARALD SCHNEIDER)
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Der Imageschaden für ORF und SPÖ ist da: 61 Prozent der Österreicher glauben, die SPÖ regiert den ORF, ermittelt das "Profil".

Genau heute vor einem Monat nahm die Geschichte ihren Anfang. Was als Protest gegen den SPÖ-Intimus Niko Pelinka begann, hat sich in vier Wochen zur Minirevolte der ORF-Redakteure gegen politische Einflussnahme entwickelt. Und obwohl Generaldirektor Alexander Wrabetz dem Vernehmen nach der einzige Beteiligte war, der bis zuletzt geglaubt hatte, er könne seine Personalentscheidungen trotz massiver interner wie externer Proteste durchsetzen, versucht er nun aus der für ihn mehr als unerfreulichen Sache Kapital zu schlagen und den ORF als offenes, freies Unternehmen darzustellen, in dem jeder Mitarbeiter sagen kann, was er will.

Den Stiftungsräten und danach auch den Journalisten hat er am vergangenen Freitag erklärt, dass den nun so plötzlich zurückgenommenen Postenbesetzungen keine parteipolitischen Vereinbarungen zugrunde gelegen seien. Zumindest die Stiftungsräte wollen ihm das glauben, denn auch wenn sie den ORF-Chef (zum Teil sogar mit ihm akkordiert) öffentlich sanft kritisierten, spielen sie in der ganzen Geschichte ihr eigenes Spiel. Nur sie wissen, welche Absprachen es vor der Wiederbestellung des ORF-Chefs im August gegeben hat und dass einige aus ihren Reihen die Kontrollfunktion über den ORF nur ausüben, weil sie später auf die andere Seite, nämlich in den ORF, wechseln wollen.

Stiftungsräte kritisieren Redakteure

Der Stiftungsrat betonte zwar, man habe Wrabetz kritisiert und ihn aufgefordert, das Image des Unternehmens rasch wieder zu verbessern. Dass auch die ORF-Redakteure kritisiert wurden, die mit einem selbst produzierten YouTube-Video, auf Twitter und in Interviews gegen das Personalpaket protestierten, blieb aber unerwähnt. Dass sich manche Stiftungsräte von den Redakteuren zu Unrecht angegriffen fühlen und den ORF durch sie geschädigt sehen, wollen sie öffentlich nicht sagen. Wrabetz liegt viel daran, nun rasch Ruhe ins Haus einkehren zu lassen. Es wirkt, als ob er denkt, mit seiner schriftlichen Erklärung und der kleinen Standpauke vom Stiftungsrat sei die ganze Sache glatt vom Tisch. Bemerkenswert ist dabei, dass er mit keinem Wort Fehler in der ganzen Sache eingestand. Er habe nur auf die massive Kritik der Redakteure reagiert.

Was vier Wochen lauter Protest anrichten können, zeigt eine „Profil“-Umfrage der Karmasin Motivforschung: 61 Prozent der Österreicher sind der Ansicht, dass die SPÖ im ORF das Sagen hat, nur 14 Prozent glauben, dass dort die ÖVP regiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2012)

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