Medien am Tablet: Der Finger darf nicht faul sein

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Zeitungskongress. Zeitungsdesigner Mario Garcia berät das „Wirtschaftsblatt“ und entwickelt eine App für die „Krone“. In Wien sprach er über digitales Zeitungmachen und erklärte, wieso Papier schon bald Luxus sein wird.

Umdenken. Das ist eines der Lieblingswörter von Mario Garcia. Der 65-jährige amerikanische Zeitungsdesigner hat in seinem Leben bereits 450 Zeitungen neu gestaltet und konzentriert sich seit einiger Zeit auf digitale Plattformen wie Smartphones und iPad. Der Mann ist beneidenswert optimistisch, wenn es um die Zukunft des Journalismus geht, und wird vielleicht auch deshalb so gern als Referent gebucht. „Es gibt zwar viel Zweifel und Skepsis, aber auch so viele Chancen“, sagt er. Er ist überzeugt davon, dass Medien mit Apps Geld verdienen können.

Dafür sei es notwendig, sich klarzumachen, welche Zielgruppe auf welcher Plattform wie erreicht werden kann. Während Zeitungen und Tablets als „Lean Back“-Medien gelten, die eher passiv und zur Entspannung (und vor allem zwischen 18 und 23 Uhr abends) genutzt werden, gelten Webseite und Smartphone als „Lean Forward“-Medien, bei denen der Nutzer aktiv nach Themen und Nachrichten sucht, aber viel kürzer an einer Sache dranbleibt. Medienmacher müssten sich klar darüber sein, dass sie ihre Geschichten auf allen Plattformen auf unterschiedliche Art transportieren müssen. „Ein Unternehmen muss nicht mehr digital-first oder print-first ausgerichtet sein. Was zählt, ist, auf allen vier Plattformen zu reüssieren.“ Das Smartphone sei in dieser Plattformreihe besonders wichtig, weil es mittlerweile so weit verbreitet ist. Seit einiger Zeit gibt es erstmals mehr Mobiltelefone als Menschen auf der Welt, das Telefon sei der „große Kommunikator in der eigenen Tasche“, so Garcia am Montag bei der Verlegerkonferenz „Publishing for the 2020s“ in Wien. Verlage sollten sich überlegen, wie sie auf dem Smartphone auch neben ihrem News-Angebot präsent sein können.

Garcias Handschrift bei der „Krone“

Umgekehrt sei zwei Jahre nach Einführung des iPads klar, dass es eher einem Buch als dem Internet gleiche. Studien haben gezeigt, dass Tablet-Nutzer dreimal so viel Text lesen wie mit dem normalen Computer. Um am iPad Erfolg zu haben, sollte man die App wie ein Pop-up-Buch für Kinder entwickeln und auf das haptische Erlebnis setzen. „Die Finger dürfen nie faul sein“, so Garcia.

Der Zeitungsdesigner betreut stets mehrere Medien auf der ganzen Welt gleichzeitig. Insgesamt sind es derzeit acht, darunter sind gleich zwei Medien aus Österreich: das „Wirtschaftsblatt“ und die „Kronen Zeitung“. „Es geht mir längst nicht mehr nur um Zeitungsdesign, ich helfe den Medien, ihre Mentalität zu verändern.“ Mittlerweile bestehen 60 Prozent seiner Arbeit aus Tablet-Entwicklung. Die Zusammenarbeit mit der „Krone“ würde er eher als „Evolution“ denn als „Revolution“ bezeichnen, seit zwei Jahren arbeitet er mit Österreichs auflagenstärkstem Blatt zusammen. Ist ein Ende der Zusammenarbeit in Sicht? „Wir haben keinen Endtermin fixiert“, sagt Garcia. „Wir entwickeln uns Schritt für Schritt weiter.“ An der gedruckten „Krone“ wollen Beobachter bisher nur minimale kosmetische Veränderungen erkannt haben, schließlich soll der Stammleser des Blattes nicht verschreckt werden. Dafür dürfen sich Garcia und sein Team offenbar im digitalen Bereich austoben. Derzeit wird an einer aufwendigen „Krone“-App gearbeitet, die neben der Pdf-Version der Zeitung auch einen News-Zugang und viele Spielereien enthalten soll. Garcia verrät, dass die App im Mai 2012 auf den Markt kommen soll und dass er Christoph Dichand raten würde, für diese App – anders als für die bisherige – jedenfalls Geld zu verlangen.

Eine Prognose wagt Garcia auch: Wenn Print irgendwann aus dem Alltag verschwinden möge, dann sicher nur von Montag bis Freitag. „Die Wochenendausgaben werden dann noch größer und dicker sein als heute.“ Während heute alle auf das iPad schauen, werde es dann wieder Luxus und chic sein, eine Zeitung auf Papier zu lesen.

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