Frankreich-Wahl: Justiz ermittelt gegen Medien

Paris verbietet Medien in Frankreich die Veröffentlichung von Resultaten vor Wahlschluss. Nicht alle sollen sich daran gehalten haben.

Mehrere französischsprachige, aber nicht-französische Medien haben am Sonntag vor der Schließung der letzten Wahllokale in Frankreich um 20 Uhr Trends beim ersten Durchgang der Präsidentenwahl veröffentlicht. Trotz eines diesbezüglichen gesetzlichen Verbots in Frankreich hat dies die Nachrichtenagentur Agence France Presse (AFP) veranlasst, für ihre Kunden die Ergebnisse der Wählerbefragungen großer Meinungsforschungsinstitute zu vermelden. Die Kommission für Wahlumfragen schaltete die Staatsanwaltschaft ein.

Es gebe Vorgänge, die "strafbar" erschienen. Kommissions-Sekretär Jean-Francois Pillon sprach von "Vergehen". Davon seien Einzelpersonen ebenso wie Medienhäuser betroffen.

Die Pariser Staatsanwaltschaft eröffnete unmittelbar Ermittlungen gegen Medien, die das gesetzliche Embargo gebrochen haben. Unter diesen befinden sich neben der AFP auch zwei belgische Medien, ein Schweizer Medium, eine in Neuseeland angesiedelte Webseite und ein belgischer Journalist, der erste Wählerbefragungen auf Twitter veröffentlicht habe.

Der französischsprachige, öffentlich-rechtliche belgische Rundfunk RTBF sowie die belgische Tageszeitung "Le Soir", das Schweizer Fernsehen RTS, die Onlineausgabe 20minutes.ch und Radio Canada gaben bereits ab 17 Uhr die ersten Hochrechnungen auf Basis von Exit Polls bekannt, obwohl die Wahllokale in den großen Städten Frankreichs erst um 20 Uhr. Kurz vor 19 Uhr entschloss sich dann auch die AFP, ihren Kunden erste Prognosen zu senden.

"Die AFP ist international und französisch, wie kann man es sich da vorstellen, dass unsere Kunden von unseren internationalen Konkurrenten Informationen über die französischen Wahlen bekommen, bevor sie von der AFP davon informiert wurden", sagte der Geschäftsführer der Nachrichtenagentur, Emmanuel Hoog, und fügte hinzu, dass ein Verzicht auf die Veröffentlichung ein "journalistischer Widersinn" gewesen wäre. Die erste AFP-Meldung, die mit einer Sperrfrist bis 20.00 Uhr versehen war, wurde von zahlreichen ausländischen Medien dennoch vorzeitig veröffentlicht.

Für die vorzeitige Veröffentlichung der Wahltrends ist in Frankreich ein Strafgeld von 375.000 Euro vorgesehen. Im Ausland findet das Gesetz allerdings keine Anwendung. Meinungsforschungsinstitute waren in repräsentativ ausgewählten Orten dabei und lieferten schon vor 19 Uhr ihre Hochrechnungen zum Ergebnis der Wahl auf Basis ihrer Wählerbefragungen.

Niederlande zur Halbzeit vor Ungarn

Auf Twitter versuchten findige Franzosen das Gesetz übrigens auszutricksen undunter Code-Namen die verbotenen Zahlen doch zu veröffentlichen: "Niederlande zur Halbzeit vor Ungarn", lautete ein Vorschlag für die besonders Neugierigen - wobei "Niederlande" als Deckname für den sozialistischen Kandidaten Francois Hollande im Netz zirkulierte und "Ungarn" für Präsident Nicolas Sarkozy, dessen Vater aus Ungarn stammt.

(Ag.)

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