Österreichs Pop trägt rot-weiß-rotes Karo

(c) APA (HERBERT PFARRHOFER)
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Die zwölfte Verleihung der Amadeus Awards im Volkstheater stand im Zeichen der Verdrängung der großen Probleme der Musikbranche. Andreas Gabalier und Hubert von Goisern waren die Gewinner der Gala.

Eines gleich vorweg: Das beliebte Ritual, Künstler in Rolls-Royce-Limousinen vorfahren zu lassen, hat die eineinhalbjährigen Relaunch-Bemühungen des heimischen Musikpreises Amadeus überlebt. Während in Deutschland politische Bewegungen wie die Piratenpartei für Aufsehen sorgen, die das Internet als Schlaraffenland definieren, wo man geistiges Eigentum wie Literatur, Film und Lied nach Lust und Laune kopieren darf, hält die hiesige IFPI, der Verband der Österreichischen Musikwirtschaft, es immer noch für essenziell, zu zeigen, dass Musik einer der kürzesten Wege zu Wohlstand sein kann.

Dass die „Stars“ zuweilen mit der U-Bahn anreisen, um dann 200 Meter im Luxusgefährt vor den roten Teppich gekarrt zu werden, ist allerdings schon ein bisserl lächerlich.

Umso mehr, als viele, die in den österreichischen Charts sind, nicht mehr von ihrer Musik alleine leben können. Schuld daran ist unter anderem das massenhafte illegale Kopieren, das die deutschen Piraten am liebsten legalisieren würden. Es sei nicht sinnvoll, Millionen Deutsche „zu kriminalisieren, die das praktizieren“, meint Marina Weisband von der Berliner Zweigstelle der Piraten. Mit ihrem Postulat „Etwas Immaterielles wie ein Lied kann niemandem gehören“ und der damit ausgelösten Debatte um eine Abschaffung des Urheberrechts hat sie viel Staub aufgewirbelt.

Wie eh und je: Missgünstiger Schmäh

Da wäre jetzt kräftiges Protestgebrüll vonseiten der Künstler erforderlich, wollen sie in Zukunft nicht im Sumpf des Hobbyismus darben. Aber während man in Deutschland die Heuchelei von Filesharing-Organisationen durchschaut hat, die sich für lachhaftes Entgelt etablieren und vorgeben, mit den eingesammelten Groschen sämtliche Ansprüche der Künstler begleichen zu wollen, ist man davon hierzulande noch sehr weit entfernt. Statt gemeinsam um Prinzipielles zu kämpfen, halten die Musikanten der Alpenrepublik lieber an den bewährten Traditionen fest und bedenken einander mit missgünstigem Schmäh. Lobende Ausnahme war Hubert von Goisern, der im Moment des Triumphs an jene dachte, die nominiert, aber nicht mit einem Preis bedacht wurden. Die nicht gerade extracoole Hip-Hop-Kombo „Die Vamummtn“ zweifelte in ihrer Dankesrede gar das Talent von Kollegen an. Geht's noch tiefer?

Tückisch verhielt sich auch die Blase von Harri Stojka. Sie meldete sich verlässlich dann, wenn Volksmusik oder Großraumdiscotrashtechno ertönten. So viel zum viel beschworenen „Wir sind eine große Familie“-Mantra.

Positiv war die Aufhebung des Schlager- und Volksmusik-Embargos. Die bekamen bislang zwar stets auch ihren Amadeus, mussten aber ihre Instrumente zu Hause lassen. Heuer war es wieder anders: Die Jungen Zillertaler durften rustikal aufgeigen. Ihre Version von Tim Toupets „Fliegerlied“ amüsierte. Dass rot-weiß-rote Karos und die Krachlederne auch in der Großstadt an Beliebtheit gewonnen haben, zeigen diverse Almauftriebe in Wiener Clublocations. Gemäß diesem Trend waren Andreas Gabalier („Sweet Little Rehlein“) und Hubert von Goisern („Brenna Tuats Guat“) mit jeweils zwei Trophäen heuer die erfolgreichsten Künstler. Gemeinsam ist beiden, dass sie regionale Eigenheit mit internationalem Popmusikgestus zu verbinden trachten.

Gabalier sieht sich als „Volks-Rock'n'Roller“, Goisern als Singer-Songwriter mit Faible fürs jazzige Maultrommelsolo. Die Zeremonie selbst war zwar nicht spektakulär rundumerneuert, hatte aber in dem witzigen Moderator Manuel Rubey einen wirklichen Aktivposten.

Im Ablauf des durchaus kurzweiligen, durch haarsträubende Peinlichkeiten wie DJ Rene Rodrigez aufgewerteten Abends gab es sogar Überraschungen. Negative, wie Ernst Grissemanns und Johnny Bertls betulich-pathetische Reden Richtung jener Wolke, auf der sie den jüngst verstorbenen, mit einem Lebenswerk-Amadeus geehrten Ludwig Hirsch zu orten glaubten.

Und positive, wie das unter die Haut gehende Duett von US-Star Jason Mraz mit der hiesigen, außergewöhnlichen Sängerin Saint-Lu. Dass wirklich originelle Künstler wie Ja, Panik oder der Nino aus Wien nichts gewannen, war leider zu erwarten. Selbst der FM4-Award ging an die in vieler Hinsicht unauffällige Kombo M185. Zur Laudatio wurde pikanterweise die, lange vor den derzeit tobenden Diskursen über geistiges Eigentum vom Elektronikprojekt Tranquility Bass geklaute, FM4-Sendersignation gespielt. So was geht eben nur im schlaraffolösen Musikland Österreich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2012)

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Bei der Volkstheater-Gala wurden Auszeichnungen in insgesamt 13 Kategorien vergeben. Andreas Gabalier räumte in zwei Kategorien ab und Stargast Jason Mraz versprühte internationales Flair.

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