Vorsicht

Vorsicht, liebe Leserinnen und Leser! Dieser Text ist eine Warnung vor neuen asiatischen Gefahren, vor Spionage im Netz – und zugleich ein Loblied auf die gute alte gedruckte Zeitung.

Haben Sie es sich gemütlich gemacht und warten auf einen kurzweiligen Mediator?Nun, tippen wir einmal „Korruption“ ein. Jetzt noch den Namen eines asiatischen Despoten. Auch der Begriff „Milliarden“ sei erlaubt. Sie sitzen für die Lektüre Ihrer Zeitung diesen Sonntag in Ihrem Lieblingscafé? Blicken Sie um sich. Wenn dort nur der Ober auf die Bestellung wartet und kein General eines fernen Abwehrdienstes sitzt, dann haben wir hier wieder die Überlegenheit des Papiers in Sicherheitsfragen bewiesen.

Es könnte aber sein, dass Sie irgendwo auf der Welt diesen Text auf Ihrem PC, Tablet oder gar Smartphone lesen. Denn die meisten Zeitungsartikel werden wie der hier auch online zur Verfügung gestellt. In diesem Fall können Sie davon ausgehen, dass sich spätestens bei der Wortkombination „China“, „Xi“ und „Dollar“ irgendeine Suchmaschine im Reich der Mitte bei Ihnen eingeloggt hat und ausrechnet, ob es sich lohnt, Sie weiterhin zu verfolgen. Willkommen im Klub der Regimegegner!


Cyberdiebe. Sie halten das für eine Verschwörungstheorie? Kollegen bei „Bloomberg“, „New York Times“, „Wall Street Journal“ glauben das nicht mehr. Die wissen mit ziemlicher Sicherheit, dass das KP-Regime in Peking ihre Journalisten vor Ort systematisch überwacht; sie vermuten, dass chinesische Technikerheere in den Zentralen der US-Medienriesen deren Firewalls überwunden haben, um Daten zu stehlen. Auch der „Presse“-Korrespondent berichtete diesen Samstag aus Peking von den jüngsten Fällen. Es scheint, dass längst ein kalter Spionagekrieg im Gange ist. „Reuters“ war bereits aus dem arabischen Raum betroffen, die BBC meldete Übergriffe aus Iran auf ihr Farsi-Programm, selbst die Suchmaschine Google scheint im Kern von Schnüfflern bedroht zu sein.

Lange Zeit waren russische Hacker und die CIA auf diesem Feld führend, nun übernimmt offenbar Peking. Die jüngsten Fälle konzentrieren sich auf Journalisten, die über Chinas Korruption im Umfeld der KP-Spitze und die Verflechtung von Technologiekonzernen mit dem Militär recherchierten. Die Cyberdiebe in zentralen Datenbanken in New York waren so raffiniert, dass sie großteils monatelang unbemerkt blieben. Wer also „Wen“, „Gottesstaat“ oder „Putin“ in verdächtigen Kontext stellt, sollte vorsichtig sein. Das gilt natürlich nicht für Druckfrisches vom Ober Ihres Vertrauens.

norbert.mayer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2013)

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