Der Kampf um Gaza ist auch ein Medienkrieg

Der Kampf um Gaza ist auch ein Medienkrieg. Berichterstatter kritisieren Behinderungen durch Israel, während die Hamas sich im Netz darum bemüht, etwas zahmer zu wirken.

Die Foreign Press Association in Israel ist nicht zufrieden mit der Entwicklung, der Reporter über den bewaffneten Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern in Gaza ausgesetzt sind. Sie legte diese Woche Protest dagegen ein, dass gegen Journalisten bewusst gehetzt werde, von offizieller Seite und auch inoffiziell. „Ausländische Korrespondenten in Israel beschweren sich über Einschüchterungen“, meldete „The New York Times“. Die Berichterstattung der Medien werde dadurch behindert, sogar physisch würden Journalisten an der Arbeit gehindert.

Als konkreter Fall wird ein Mitarbeiter des arabischen Dienstes der BBC genannt, der während einer Reportage aus Ashkelon attackiert wurde. Er sei unverletzt geblieben und werde weiter berichten, meldete die Anstalt. Auch eine Korrespondentin von CNN fühlte sich laut ihrer Meldung auf Twitter bei einem Einsatz in Sderot von der Bevölkerung massiv bedroht: Man werde ihr Auto zerstören, wenn sie ein falsches Wort sage. Sie wurde daraufhin vom Sender abgezogen. Besonders unter Druck steht das arabische TV-Netzwerk al-Jazeera,dem Avigdor Lieberman, der Außenminister Israels, laut „The New York Times“ unterstellt, die Hauptstütze des Propagandasystems der Hamas zu sein.


Gegenstrategie. Diese radikale Palästinenserorganisation hingegen, die in den meisten zivilisierten Ländern noch immer als terroristisch eingestuft wird, bemüht sich derzeit offenbar um ein milderes Erscheinungsbild, zumindest für westliche Beobachter. Laut „Frankfurter Allgemeiner Zeitung“ vom Samstag verfolgt die Hamas im Gaza-Konflikt eine neue Strategie: „mehr Sachlichkeit, weniger Emotionen“. Während ihre Kämpfer bisher im Internet vor allem Botschaften des Hasses verbreiten, die sogar zu Sperren in den sozialen Netzwerken geführt haben, gibt es für sie nun Anleitungen, wie man effektiven Umgang mit westlichen Lesern pflegt:

Man solle die Opfer im Krieg als palästinensische Bürger bezeichnen, das Militärische aussparen. „Und vergesst nicht, immer ,unschuldiger Zivilist‘ dazuzuschreiben“, zitiert die „FAZ“ ein entsprechendes Schulungsvideo. Berichte sollten immer mit den israelischen Angriffen beginnen, auf die die Hamas ganz natürlich mit Gegenschlägen reagiere. Von der Abbildung der eigenen Raketen (man solle sie „vor Ort gefertigt“ nennen) wird hingegen abgeraten. Der Holocaust solle nicht geleugnet werden, sondern ganz im Gegenteil als Vergleich für das eigene Leid dienen. Bei den Fotos von Opfern wird auch differenziert. Auf den arabischen Seiten werden Leichen mit grauenhaften Verstümmelungen abgebildet, vor allem Kinder. Auf den englischen Seiten ist man inzwischen sehr zurückhaltend. Die Hamas rechnet offenbar vermehrt mit sensiblen Lesern aus dem Abendland.

norbert.mayer@diepresse.com

diepresse.com/mediator

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2014)

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