Der Mediator

Wer möchte sich von der schönen neuen Welt der Apple News berechnen lassen oder gar die verlängerte Werkbank sozialer Medien sein?

Mathias Müller von Blumencron, Online-Chef der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, hatte soeben beim Medienforum NRW in Köln eine Schreckensvision. Er warnte davor, dass die sozialen Medien mit ihren riesigen finanziellen Ressourcen dazu übergehen könnten, den Output der anderen zu kontrollieren, von Print zum Beispiel. Statt Interaktion könnte diese künftig auch andere Information interessieren: „Nun plötzlich werden wir aufgefordert, für Facebook direkt zu produzieren, zu einer verlängerten Werkbank von Facebook zu werden“, so von Blumencron. Aber soziale Plattformen würden keine Redakteure kennen, nur Algorithmen.

Diese Tendenz konnte man auch bei der Präsentation von Apple bei der Entwickler-Konferenz WWDC erahnen. Im Mittelpunkt stand dort Apple Music, ein Streaming-Dienst, der Anbietern wie Spotify oder Deezer Konkurrenz machen will. Doch nebenbei wurde eine App namens Apple News vorgestellt. Dieses Programm, eine Art Flipboard, sei für Medienunternehmen die wichtigste Ankündigung aus Cupertino seit Jahren, schrieb Joshua Benton auf der Homepage von NiemanLab, einer Journalismusstiftung der Universität Harvard.

Was macht Apple News so speziell, so anders als den bisher eher ungeliebten Newsstand für Zeitungen? Schöner soll es sein, geradezu haptisch Pakete für den Nutzer erstellen, je nach den Themen, für die er sich zu interessieren scheint. Die Beiträge werden multimedial aufgemotzt, die Gewohnheiten des Lesers erfasst. Aus Dutzenden Quellen erhält er dann wohl bald ungefragt Angebote. Frisch von der Werkbank, die nur Algorithmen kennt.

norbert.mayer@diepresse.com

diepresse.com/mediator

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2015)

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