E-Books und Jugendschutz

Mit E-Books tun sich Behörden derzeit noch schwer. Wie verfährt man bei dieser Art von hybriden Medien mit dem Jugendschutz?

Anlassfall war das bis vor Kurzem nicht besonders bekannte Buch „Schlauchgelüste“, eine tabulose Transgender-Story. Als Roman wurde es im Onlinebuchhandel unbeschränkt angeboten. Nach einer Klage aber schritten deutsche Behörden ein. Das müssen sie tun, wenn es um jugendgefährdendes Material geht. In diesem Fall gibt es einen skurrilen Lösungsansatz, wie das boersenblatt.net berichtet.

Weil E-Books rechtlich zu den Tele-Medien zählen, werden sie auch als solche behandelt – etwa wie Filme. Kinos sind in ihren Programmen zwischen 22 und 6 Uhr freizügiger, weil der Jugend-Medien-Schutz davon ausgeht, dass sich Minderjährige zu nachtschlafender Zeit nicht herumtreiben, schon gar nicht in einschlägigen Lichtspielhäusern. Ergo sollen auch Bücher, die Gewalt verherrlichen, pornografisch oder gar politisch extrem sind, nur in diesem finsteren Zeitraum angeboten werden.


Filter oder Zensur? Der Mediator fragt sich: Ist das praktikabel? Wie setzt man eine Indizierung jugendgefährdender Schriften im Netz durch? Und wenn uns der Schutz der Jugend in einem Randgebiet wie dem elektronischen Buch so wichtig scheint, wie sieht es dann mit der sittlichen Gefährdung bei anderen, wirklich populären elektronischen Medien aus? Bleibt der TV-Schirm ab 22 Uhr finster, wenn das System erfasst hat, dass es sich um einen Familienhaushalt mit Minderjährigen handelt?

Zur Diskussion stehen in Berlin nun Filter, die Onlinebuchhändlern vorgeschrieben werden sollen. Die funktionieren bisher in anderen Bereichen auch nicht. Brauchen wir deshalb mehr Zensur?

norbert.mayer@diepresse.com

diepresse.com/mediator

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2015)

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