Ermittlungen gegen Blogger ruhen

Die deutsche Bundesanwaltschaft lässt Ermittlungen wegen Landesverrats gegen Blogger ruhen. Fast schon vernünftig.

Nehmen wir an, ein Inlandsgeheimdienst plant den Ausbau der Internetüberwachung. Und dieses dubiose Wissen wird den Bürgern vorenthalten. Was soll ein Medienunternehmen im Netz tun, dem Dokumente solch einer Behörde zugespielt werden? Richtig! Blogger von netzpolitik.org, die entsprechende Pläne des Bundesamtes für Verfassungsschutz in die Hände bekamen, haben über solch (un-)heimliche Überwachung geschrieben.

Die Reaktion? Noch ein Grimme-Online-Award für die alerten Journalisten? Lob von der deutschen Bundeskanzlerin, die ja genau weiß, wie es sich anfühlt, selbst von Verbündeten auf dem Mobiltelefon abgehört zu werden? Weit gefehlt. Die Bundesanwaltschaft begann Ermittlungen wegen Landesverrats. Da setzten massive Proteste ein, nicht nur von Medien, sondern auch von Politikern, im Sinn der Pressefreiheit. Zehntausende Menschen haben inzwischen eine Petition für den Blog unterzeichnet.


Ein Schritt zurück also für die Bundesanwaltschaft: Sie lässt die Ermittlungen vorerst ruhen. Aus informierten Kreisen hieß es, die Anzeige sei ohnehin nicht gegen die Journalisten, sondern gegen unbekannt gerichtet gewesen. Man spielt aber nicht mit dem schweren Vorwurf des Landesverrats. Ein Versuch zur Einschüchterung der Betreiber und Schreiber vonnetzpolitik.org dürfte es allemal sein.

Deshalb ist das bloße Ruhen der Ermittlungen gegen den Blog ein Schritt zu wenig. Sie gehören eingestellt. Vielleicht sollten sich die Verfassungsschützer stattdessen mit Eifer darum kümmern, was die echten Spione da draußen so treiben.

norbert.mayer@diepresse.com

diepresse.com/mediator

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2015)

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