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Der Mediendienst kress.de beobachtet auch Österreich recht genau. Dabei ist ihm ein Artikel im »Standard« besonders aufgefallen.

Eigentlich müsste sich Michael Martens, Korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in Athen, geehrt fühlen. In der Sonntagszeitung seines Verlags schrieb er Mitte September über das Grundgesetz und die Flüchtlinge. Er begrüßte sie in einem Essay so: „Liebe fremde Frau, lieber fremder Mann, willkommen in Deutschland! Viele von Ihnen haben Schreckliches durchgestanden: Krieg, Lebensgefahr, eine gefährliche Flucht durch die halbe Welt. Das ist nun vorbei.“ Diese Freundlichkeit hat einem Gastautor der Wiener Tageszeitung „Der Standard“ offenbar so gut gefallen, dass dort diese Woche in einem „Kommentar der Anderen“ zu lesen war: „Sehr geehrte Damen und Herren! Willkommen in Österreich! Viele von Ihnen haben Leid erlebt, das sich die meisten von uns kaum vorstellen können. Sie haben es geschafft. Sie sind in Sicherheit.“

Diese Ähnlichkeit blieb nicht lang unentdeckt, zumindest in Deutschland. Dort fiel dem Mediendienst kress.deauf, dass nicht nur diese, sondern mehrere Passagen des „Standard“-Beitrags „Flüchtlinge: Willkommen in Österreich“ von Eckehard Quin unter Plagiatsverdacht stehen. Das ist eine der erfreulichen Nebenwirkungen von Onlinemedien: Abschreiben bleibt selten unentdeckt. Deshalb verweist der „Mediator“zur Sicherheit auf die Quelle zu den Zitaten: Trockener Titel des Aufdeckers kress.de: „Kommentar der Anderenzu wörtlich genommen“. Das Portal informierte den „Standard“, der meldete die Peinlichkeit rasch „In eigener Sache“, wie es einem seriösen Blatt ansteht und nahm den Kommentar vom Netz. Der Kopist entschuldigte sich bei Martens. Das gehört sich so.

norbert.mayer@diepresse.com

diepresse.com/mediator

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2015)

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