Helden, Hellseher und eiskalte Zocker

Es kann nur einen geben. Aber wen?
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Wer wird die Wahl des Bundespräsidenten gewinnen? Der Boulevard scheint ratlos, ein Magazin empfiehlt gar den Highlander. Dabei müsste man doch nur das keltische Baumhoroskop fragen, was Hofer und Van der Bellen blüht.

Das „Profil“ war diesmal wirklich exklusiv: Erstmals in seiner Geschichte gab die Redaktion „eine explizite und nachdrückliche Wahlempfehlung“ ab. Sie wird viele Stammleser freuen, obwohl die Formulierung auf der Titelseite bellizistisch klingt: „Es kann nur einen geben“, lautet die Schlagzeile in Weiß-Rot-Weiß. Der eine ist für das Wochenblatt zwingend nicht der rechte (und für viele auch recht extreme) Kandidat Norbert Hofer von der FPÖ, sondern Alexander Van der Bellen. Dieser Tipp für den Ex-Parteichef der Grünen wird im Blattinneren auch ausführlich begründet, man dokumentiert den Wahlkampf, Gastbeiträge runden die Causa prima kultiviert ab.

Doch was sagt uns der Titel? Wird jetzt geköpft? „Highlander – Es kann nur einen geben“ lautete vor 30 Jahren, als hierzulande Kurt Waldheim spektakulär zum Bundespräsidenten gewählt wurde, der Titel eines blutrünstigen Films, in dem der schottische Übermensch Connor MacLeod mit seinem Schwert um die Weltherrschaft kämpft. Selbst dieser Gute scheut im Streit der Unsterblichen nicht davor zurück, seinen Gegner hinzumetzeln, eher er sich der Weltverbesserung widmet.

Ehrlich: Besser als mit diesem Fantasy-Bild hätte man die letzten Tage des Wahlkampfs mit seiner bürgerkriegerischen Rhetorik kaum zusammenfassen können. Das „Profil“ hat also seinen Beitrag zur politisch korrekten Meinungsbildung geleistet, das öffentliche Fernsehen und die privaten Sender haben in gefühlten tausend Konfrontationen der Kandidaten bewirkt, dass die Wähler wieder schmerzhaft wissen, was Fremdschämen bedeutet. Wen aber empfehlen die medialen Krieger mit ihren mächtigen Schwertern auf dem Boulevard? Wem gebührt heute für Österreich die Krone?

Pándi, Jeannée, Gnam 

Der politische Beobachter Claus Pándi hat sich für die „Kronen Zeitung“ am Küniglberg kundig gemacht, beim finalen Infight der Kandidaten auf ORF2. Er folgert aus dem Event: „Aber wenn die Höflichkeitsbekundungen der ORF-Führungsetage ein Gradmesser sind, wer die Präsidentschaftswahl am kommenden Sonntag gewinnt, dann müsste Norbert Hofer die Nase vorn haben.“ Um ihn drängten sich nämlich nicht nur die meisten Kamerateams. „ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz setzte zur Begrüßung sein freundlichstes Lächeln auf, machte drei angedeutete Verbeugungen. Für Van der Bellen gab es hingegen keine einzige Verbeugung.“

Der Mediator weiß nicht, wie oft und tief Pándi bei dieser Gelegenheit seinen Respekt bekundet hat. Nicht jedem ist es gegeben, so weit zu gehen wie Michael Jeannée, der vor ÖVP-Klubchef Lopatka auf dem Bauch lag, als er ihm zur Empfehlung Hofers gratulierte. Nein, „einen linken, antibürgerlichen und bekennenden Gottlosen als Präsident dieser Republik“ wünscht sich der Postler der „Krone“ offenbar nicht. Sein Kollege Peter Gnam hielt sich dagegen noch leicht bedeckt. Jeder Wähler müsse selbst wissen, wer besser für den Neuanfang sei: „Eine Entscheidung, die schwer genug ist.“

Ulme versus Weide

Da ist es verständlich, dass sich sogar „Österreich“ auf die Zocker verlässt: „Hofer bei Wettquoten vorn“, hieß es am Donnerstag im Blattinneren. Man blättert um und liest: „Lopatka setzt auf Hofer-Sieg“. Das soll überzeugen? Was meint denn „Heute“? Gibt die U-Bahn-Zeitung einen Tipp? Sie hat diesmal die seriöseste Herangehensweise. „Hellseherin Roswitha Haller verrät, wie die Wahl ausgeht.“ Sogar das keltische Baumhoroskop wurde befragt. Ulme versus Weide. „Wie schon beim letzten Mal ist meine mediale Aussage auch diesmal: Endgültig knapp, aber doch Hofer spürbar.“ Verrät die Wipfel-Expertin. Der Mediator aber meint nach ganz persönlicher Gewissensprüfung: Einer wird gewinnen. Vielleicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2016)

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