Precht predigt und nennt es Philosophie

Richard David Prechts erste ZDF-Talkshow: Er findet Schule dumm, und sein Gast ist ganz seiner Meinung.

Na, wird sich Philosoph Precht gedacht haben: Da werden wir zu Beginn ein bisschen provozieren! Da werden wir gleich zeigen, wie lebensnah Philosophie ist, wie sie polarisieren kann, das wird Quote geben, sogar noch nach 23 Uhr!

Vielleicht wollte er aber auch nur auf die Konkurrenz reagieren, schließlich debattierte am gleichen Abend Günther Jauch bei der ARD mit Hirnforscher Spitzer über die Verblödung durch das Internet, und da konterte Precht im ZDF eben mit einer Diskussion über die Verblödung durch Unterricht. Ebenfalls mit einem Hirnforscher, so ein Zufall.

„Macht Lernen dumm?“, wollte Precht also wissen. Und bombardierte Gerald Hüther gleich zu Beginn mit rhetorischen Fragen: „Ist Schule nicht ein unglaublich ineffizientes System, ist es nicht so, dass, wenn die Schule ein Wirtschaftsunternehmen wäre, sie schon längst pleite wäre? Und ist es nicht so, dass, wenn die Schule eine Gesellschaftsform wäre, diese Gesellschaft längst zusammengebrochen wäre?“

„Das ist wirklich eine Katastrophe“, meinte sein Gast. „Aber wenn man Kinder frühzeitig durch Potenzialentfaltungscoaches coachen würde, wenn man sie schon im Kindergarten fördern würde, wenn man auf sie eingeht, wenn man diesen Kindern von Anfang an Chancengerechtigkeit widerfahren ließe“, hakte Precht nach, das wäre doch viel besser! – „Richtig“, meinte Hüther und fing seinerseits an zu erklären, dass es um die Zukunft gehe, woraufhin Precht meinte, dass die Schule den Kindern die Lust am Lernen nehme, was Hüther damit kommentierte, dass jedes Kind auf seine Weise hochbegabt sei, was Precht dazu brachte, die Gleichmacherei durch die Schule zu beklagen, woraufhin Hüther die Geschichte von dem Hasen, Vogel und Eichhörnchen erzählte, die alle dasselbe lernen sollen und so alles verlernen, was sie gut können: rennen, fliegen und klettern.

Da nickte Precht wieder artig, und wir nicken auch, falsch ist das ja nicht, nur unglaublich unpräzise. Und vor allem: War Schule auch so fad?

E-Mails an: bettina.steiner@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2012)

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